Förderung des NRW-Kulturministeriums Droht der Tanzszene NRW das Aus?
Düsseldorf · Viele Kompanien sind bestürzt: Neben der wackelnden Finanzhilfe vom Bund soll zum Jahresende auch ein wichtiges Landesprogramm eingestellt werden.
Eine „unverzichtbare“ Stütze der hiesigen Tanzszene droht laut dem Tanzhaus NRW wegzubrechen. So soll das Landesministerium für Kultur und Wissenschaft angekündigt haben, die Förderung des International Dance Artist Service (IDAS NRW) einzustellen. Mit 180 000 Euro jährlich fördert das Land damit Tänzer, Kompanien und Choreografen, unterstützt sie in der Fortbildung, vernetzt sie national und international mit Veranstaltern, greift unter die Arme, wenn es um die Reisekosten bei internationalen Gastspielen geht. Projektträger ist das Düsseldorfer Tanzhaus. Eine Bestätigung des NRW-Kulturministeriums steht noch aus.
Die Intendantin des Tanzhauses NRW, Ingrida Gerbutaviciute, und Alexandra Schmidt, Sprecherin des IDAS-Netzwerks, sehen das drohende Förder-Aus als harten Schlag für die gesamte Tanzlandschaft unseres Bundeslandes. „IDAS ist eine wichtige Struktur für die freie Szene. Das Tanzland NRW läuft Gefahr, seine internationale Strahlkraft zu verlieren“, sagt Gerbutaviciute.
Über den Service von IDAS könnten Künstler und Choreografien zum Beispiel dramaturgische Unterstützung oder Weiterbildung in Öffentlichkeitsarbeit bekommen. „Die Hilfen sind vielfältig“, erklärt die Intendantin: „Wenn etwa eine Kompanie ein Gastspiel in Südkorea plant, aber es fehlt für die Realisierung noch das Flugticket für einen Techniker, dann springt IDAS ein.“
Aktuell hat das Projekt 31 Mitglieder. Dazu zählen namhafte Kompanien, die man von den Spielplänen etwa des FFT und des Tanzhauses kennt. Viele davon sind international unterwegs, wie etwa Billinger & Schulz, die ihre Stücke bisher in 14 Ländern gezeigt haben. Wie Mouvoir von Stephanie Thiersch, die im Senegal mit dem Zentrum für afrikanischen Tanz, „Ecole des Sables“, zusammenarbeitete, wie Ben J. Riepe, der in Südamerika tourt. Wie der Tanzfuchs, der Stücke für Kinder produziert, und die Din-A13-Tanzcompany von Gerda König, die inklusiv arbeitet. Wie E-Motion von Takoa Baba, die Cooperativa Maura Morales, Fabien Prioville Dance Company. 17 neue Kandidaten haben sich für die Aufnahme in IDAS ab 2025 beworben.
„Für mich als Künstler aus dem urbanen Tanz ist IDAS ein sehr wichtiger Partner, um als Künstler wahrgenommen zu werden. In der freien Szene ist es so wichtig, dass so eine Struktur existiert, die uns nach Außen vertritt. Es werden viele Förderungen gekürzt, alle kämpfen um ihre Existenz“, sagt Takao Baba von E-Motion.
„Es ist nicht irgendeine Förderung, die da 2025 wegfallen würde, sondern eine tragende Säule für die Szene“, erklärt Alexandra Schmidt: „Für die Künstlerinnen und Künstler wäre das eine Katastrophe.“ Gerade die Unterstützung im internationalen Touring sei wichtig. „Für die Kompanien bedeuten diese Auftritte echtes Geld, das wieder nach NRW zurückfließt“, so Schmidt. Abgesehen davon sei es für das Land NRW eine gute Visitenkarte.
NRW hat als Tanzland national und international einen ausgezeichneten Ruf. „Nach Berlin sind wir die Nummer zwei bundesweit“, sagt Gerbutaviciute. Im internationalen Touring laufe NRW Berlin sogar den Rang ab, sagt Schmidt.
Verärgert ist die Tanzhaus-Intendantin auch darüber, dass das Aus so kurzfristig kommen soll. Sechs Wochen vor Jahresende habe sie die Information über den Förderstopp ab Januar 2025 erhalten. „Der knappe Zeitraum lässt uns geringe Handlungsspielräume, zumal im Vorfeld kein Gespräch mit uns oder den betroffenen Künstlerinnen und Künstlern gesucht wurde“, sagt Gerbutaviciute.
Den Service für freie Tanzkompanien in NRW gibt es seit 15 Jahren. „Ich verstehe, dass überall gespart werden muss. Es wäre gut, wenn man mit uns reden würde. Wir können auch über Kürzungen reden, aber eine komplette Streichung wäre eine Katastrophe“, sagt die Tanzhaus-Intendantin: „Bildung und Kultur sind so wichtig für unsere Demokratie.“
Für das Tanzhaus wäre die Kürzung des Landes der zweite Einschnitt in diesem Jahr. Im Sommer hatte der Bund bereits angekündigt, die Fördermittel für das Bündnis internationaler Produktionshäuser im Umfang von insgesamt rund vier Millionen Euro zu streichen. Das Tanzhaus NRW und das FFT sind von dieser Streichung betroffen, ebenso wie weitere fünf Häuser in NRW.
Am 14. November sollte der Haushalt in Berlin verabschiedet werden, dann kam die Regierungskrise. „Wir hatten nach vielen Gesprächen und unserer Petition die Hoffnung, dass die Förderung doch wieder in den Haushalt aufgenommen würde“, sagt Gerbutaviciute. Jetzt liege offenbar alles auf Eis, und es sehe so aus, als müsste das Tanzhaus das Jahr 2025 ohne diese Förderung überstehen: „Das wären 180 000 Euro für IDAS vom Land und 440 000 Euro für das Bündnis vom Bund, die uns im kommenden Jahr fehlen. Das ist bitter.“