Ratingen: Lob für den Lebensretter
Feuer: Der 32-jährige Andreas Wollenberg rettete eine behinderte Seniorin aus ihrer verrauchten Wohnung.
Ratingen. Worte können Gesichter verändern. Sie können sie zornig werden lassen, glücklich, verträumt, traurig - oder bescheiden. Genauso sieht Andreas Wollenbergs Gesicht aus, wenn er das Wort "Lebensretter" hört.
Wenn jemand ihn so nennt, dann schaut er auf den Boden, die Mundwinkel ziehen sich leicht nach oben, die Wangen erröten ein wenig. Und das geschieht in letzter Zeit häufiger, denn "Lebensretter" wird er von vielen genannt, seit er Mitte August eine Seniorin aus ihrer verrauchten Wohnung gerettet hat.
Aber für ihn sei das alles eine "selbstverständliche Aktion" gewesen, sagt er. Der 32-Jährige war bei seiner Freundin. Die wohnt in einem Hochhaus an der Erfurter Straße in Ratingen West. "Auf einmal hat ein Brandmelder gepiepst. Meine Freundin hat daraufhin versucht, den Hausmeister zu erreichen und dann die Feuerwehr alarmiert", erzählt der gelernte Koch.
Er hat sich dann nur noch auf die Suche nach der Wohnung gemacht, aus dem der Alarmton kam. Als er die Wohnung gefunden hatte, sei alles ganz schnell gegangen. "Ich stand vor der Tür und habe erst einmal schnell Schraubenzieher und Hammer besorgt. Damit wollte ich die Türe aufbrechen. Das ging aber nicht", berichtet Andreas Wollenberger von seinem Einsatz. Die Frau, die in der Wohnung gelebt hatte, konnte er hören. Was sie gesagt hat, weiß er heute nicht mehr. "Mein einziger Gedanke war dann auch nur noch, die Frau da raus zu holen."
Das Piepen des Brandmelders sei ihm immer lauter vorgekommen. "Das ging mir irgendwann in der angespannten Situation so auf die Nerven, dass ich einfach gegen die Türe getreten habe." Beim zweiten Tritt ist sie dann auch aufgesprungen. Die Wohnung war voller Rauch, die Frau - eine Rollstuhlfahrerin - saß im Wohnzimmer. "Sie hatte in der Küche eine Schüssel auf dem Herd stehen lassen und vergessen diesen auszumachen. Ich habe sie dann nur gepackt und nach draußen auf den Flur gebracht und den Herd ausgestellt."
Dann sei auch schon die Feuerwehr gekommen und kurze Zeit später der Notarzt, der die Frau versorgt hat. "Ich war dann nur noch fertig und habe mich verabschiedet, um eine Zigarette zu rauchen. Ich musste mich von dem Schock erst einmal erholen."
Nach seinem Einsatz wollte Andreas Wollenberger gar nicht, dass die Geschichte an die große Glocke gehängt wird. Nicht einmal seinen Namen hat er der Feuerwehr und dem Notarzt verraten. "Wozu auch? Das Wichtigste war doch auch getan - die Frau hat überlebt."
Aber gestern wurde er doch noch für seinen mutigen Einsatz vom Bürgermeister offiziell gelobt. Einen Bildband über den Poensgenpark und einen Korkenzieher hat er von der Stadt als Anerkennung bekommen - und ein großes Lob von der Feuerwehr, die sich mehr solche Bürger wünscht, die im entscheidenden Moment eingreifen.
Doch damit nicht genug. Am Freitag kündigte Bürgermeister Harald Birkenkamp an, dass er in den kommenden Wochen auch an die Bezirksregierung schreiben will, damit Andreas Wollenbergs Einsatz noch größere Anerkennung findet. Und bei dieser Nachricht verändert sich Andreas Wollenbergs Gesicht wieder - er schaut nach unten und lächelt.