Streit um „einmalige Chance“
Änderung der Flächennutzung in Lintorf und Homberg beschlossen, für Tiefenbroich muss der Rat entscheiden.
Ratingen. Die Ausgangslage ist klar, die Positionen bekannt, aber alle Aspekte unter einen Hut zu bekommen, scheint beim Thema neue Gewerbeflächen nicht so recht zu gelingen. Ratingen braucht sie, weil Unternehmen die Gewerbesteuer zahlen, die den Wohlstand der Stadt sichert. Nun sind Gewerbeflächen aber in punkto Wohn- und Lebensqualität nicht sonderlich attraktiv:
Die Menschen schauen eben lieber auf Wiesen und Wälder als auf Büros und Fabrikhallen. Eine hohe Lebensqualität ist aber auch ein Standortfaktor, mit dem die Stadt Ratingen Firmen und deren Mitarbeiter umwirbt. Aber ohne neue Flächen keine neue Ansiedlungen. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz.
Dass Ratingen weitere Gewerbeflächen braucht, ist unstrittig. Da sind sich alle Parteien einig, und dies hat auch die von der Verwaltung in Auftrag gegebene Gewerbeflächenanalyse ergeben. Aber bei der Frage, wie viele und vor allem wo, gehen die Meinungen auseinander. SPD und Grüne sind gegen eine weitere Ausweisung freier Flächen. Stattdessen sollte die Verwaltung die vielen brach liegende Gewerbeflächen recyclen und nutzen. Mit ihrer Ablehnung stehen SPD und Grüne allerdings recht allein da.
Auslöser für die aktuelle Debatte ist die geplante Änderung der Flächennutzungspläne für Ackerflächen in Lintorf, Homberg und Tiefenbroich. Hier habe die Stadt "die einmalige Chance", an zusätzliche Gewerbegebiete zu kommen, betonte Bürgermeister Harald Birkenkamp jetzt im Haupt- und Finanzausschuss. Denn nur diese Flächen konnte die Verwaltung bei harten Verhandlungen mit der Bezirksregierung für Ratingen herausholen.
Doch besonders die Flächen in Tiefenbroich und in Homberg bereiten Anwohnern und Politikern Bauchschmerzen und lassen die Emotionen hochkochen: An beiden Stellen würden Gewerbegebiete zu einem Verkehrschaos führen, dazu würde in Tiefenbroich die letzte große Grünfläche innerhalb des Stadtteils verschwinden.
"Die Änderung des Flächennutzungsplans ist doch nur eine Option, wir müssen das Gebiet ja hinterher gar nicht bebauen", regte Gerold Fahr (CDU) an, der sich damit der Argumentation der Verwaltung anschloss. Die Hauptsache wäre, Ratingen hätte diese Flächen erst einmal, hinterher könne man ja tauschen.
"Das ist doch Augenwischerei. Wenn wir diese Flächen erst einmal zur Verfügung haben, dann werden die doch auch bebaut. Das ist doch dann der einfachste Weg für die Verwaltung", widersprach Christian Wiglow (SPD). Er fragte, warum auf der einen Seite der Straße Am Roten Kreuz schon seit Jahren Gewerbeflächen brach liegen, aber auf der anderen Seite neue Flächen ausgewiesen werden sollen.
Lothar Diehl (Bürger Union) schlug vor, noch einmal neu mit der Bezirksregierung zu verhandeln, zumindest was Tiefenbroich angeht. Als Ersatz nannten Diehl, Wiglow und Ewald Vielhaus (CDU) eine Fläche in Ratingen Ost zwischen der A44 und Mettmanner Straße, die aufgrund ihrer Lage "geradezu prädestiniert" wäre.
Für erneute Verhandlungen sei keine Zeit mehr, hielt Birkenkamp dagegen. Gespräche mit der Regionalplanung seien sehr schwierig und zeitintensiv, die Option auf die drei Flächen dagegen direkt an den Bau des Großgefängnisses an der Oberhausener Straße gekoppelt.
Am Ende wurde die Änderung des Flächennutzungsplans für Lintorf und Homberg beschlossen, die für Tiefenbroich in den Rat verwiesen.