Bankräuber entschuldigt sich für Taten
Prozess: Ein 65-jähriger Kempener nennt Schulden als Motiv für vier bewaffnete Überfälle auf Geld-Institute.
Krefeld/Kempen. "Ich kann in meiner sechsmonatigen Untersuchungshaft besser schlafen als vorher zu Hause, wo ich unter ständiger Angst lebte, erwischt zu werden." Das sagte gestern im Krefelder Landgericht der Angeklagte Günter G. (65) aus Kempen, der bis 2006 in seinem Leben noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist.
Der gelernte Betonbauer, in Thüringen aufgewachsen, flüchtete 1959 in die Bundesrepublik und verdiente seine Brötchen als Zimmermann oder in der Akustikbranche. Infolge von Insolvenzen und nicht eingehaltener Forderungen an seine Auftraggeber geriet er Ende 2005 in eine Schuldenfalle von fast 50000 Euro. Davon verlangte das Finanzamt allein 32000 Euro.
Der 1972 geschiedene Angeklagte: "Ich war finanziell am Ende. Da kam mir der dumme Gedanke: Was eine alte Frau in Düsseldorf schaffte, Geld durch Überfälle zu bekommen, kann ich auch."
Jetzt muss sich Günter G. vor der 2. Großen Strafkammer verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm schwere räuberische Erpressung in vier Fällen vor. Der Angeklagte räumte die Taten schon bei der Polizei-Vernehmung ein und bestätigte sie nun "ohne Wenn und Aber".
So habe er unter dem Schuldendruck zwischen Januar 2006 und Juni 2007 Filialen von Banken und Sparkassen in Xanten, Wankum, Kapellen - hier hinter einer Karnevalsmaske verschanzt - und Hinsbeck überfallen und dabei 60000 Euro erpresst.
Seine Vorgehensweise war immer die gleiche: In Woll- oder Strickmützen schnitt er sich mit einer Schere aus dem Verbandskasten Sehschlitze, zog die Mützen beim Betreten des Geldinstitutes über, bewaffnete sich mit einer Schreckschuss- oder Spielzeugpistole und verlangte von den um ihre Leben fürchtenden Angestellten Geld.
Beim vierten Überfall verlor er im Eingangsbereich der Sparkasse in Hinsbeck den Überblick. Eine Kundin konnte fliehen und benachrichtigte von einem Nachbargeschäft aus die Polizei. Günter G. verließ zwar die Filiale mit 12308 Euro, doch durch die Ringfahndung konnte er noch in seinem Auto auf dem Weg nach Grefrath festgenommen werden.
Die gestern als Zeugen geladenen Bankangestellten mussten nach den Überfällen teilweise psychologisch betreut werden, litten unter traumatischen Erlebnissen in der Nacht oder wurden in andere Geschäftsstellen versetzt. Der Angeklagte entschuldigte sich bei allen: "Ich wollte nur meine Schulden bezahlen. Von meiner Familie- acht Geschwister- weiß keiner, wo ich jetzt bin."
Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt.