Abgeordnetenwatch startet neues Tool Kreis-Politiker bei Abgeordnetenwatch
<irglyphscale style="font-stretch 97%;">Kreis Viersen</irglyphscale> · Zur Bundestagswahl hat die Plattform Abgeordnetenwatch ein neues Tool eingeführt. Im „Kandidierendencheck“ können Direktkandidierende ihre Position zu wichtigen Fragen deutlich machen.
Soll die Schuldenbremse bleiben? Sollen Parteispenden verboten werden? Soll gemeinnützige Arbeit für Bürgergeldempfänger verpflichtend sein? Diese und 15 weitere Fragen haben bereits mehr als 64 Prozent der über 2 500 Direktkandidierenden auf der Plattform Abgeordnetenwatch beantwortet. Diese war bisher vor allem dafür bekannt, Bürgern die Möglichkeit zu geben, Politikern öffentlich Fragen zu stellen. Außerdem werden auf der Webseite Abstimmungsergebnisse und Nebentätigkeiten von Abgeordneten aufgeführt. Abgeordnetenwatch möchte damit nach eigenen Angaben Transparenz schaffen und Interaktion ermöglichen – und durch die bereitgestellten Informationen den Rechenschaftsdruck von Verantwortlichen erhöhen.
Sechs Kandidaten aus dem Kreis haben Stellung bezogen
Bis zur Wahl am 23. Februar können Kandidierende zu den 18 Thesen noch Stellung beziehen. Das Tool funktioniert ähnlich wie der Wahl-O-Mat, allerdings ist keine Gewichtung der Fragen möglich. Am Montag, 3. Februar, ging die Funktion online. Auch aus dem Kreis Viersen haben sich Kandidierende verschiedener Parteien beteiligt. Bisher sind Andé Martini (Volt), David Neil Nethen (Grüne), Silke Depta (SPD), Simon Männersdörfer (Linke), Arbi Davood Megerdich (Freie Wähler) und Kay Gottschalk (AfD) dabei (Stand 4. Februar).
Während bei manchen Fragen bei den Genannten überwiegend Einigkeit herrscht – die Rolle der Bürgerräte sollte nach Meinung aller Kandidierenden bis auf Gottschalk gestärkt werden – ist in anderen Punkten die Stimmung im Kreis Viersen gemischt. Dass Parteispenden von Unternehmen und Verbänden verboten werden sollten, finden zum Beispiel Nethen, Männersdörfer und Megerdich, während Depta, Martini und Gottschalk dagegen sind.
Am häufigsten öffentlich befragt wurde bisher SPD-Bundestagsabgeordneter Udo Schiefner. Er hat bislang 49 der 51 an ihn gerichteten Fragen auf der Plattform beantwortet. Wähler möchten zum Beispiel von ihm wissen, was die SPD gegen steigende Führerscheinkosten tun will oder wie seine Partei sich für ein besseres Tierschutzgesetz einsetzen will. „Ich beantworte regelmäßig sehr viele individuelle Anfragen, die mich per Brief oder E-Mail erreichen“, sagt Schiefner. „Dabei geht es oft um Fragen, die uns hier am Niederrhein betreffen oder auch verkehrspolitische Fragen, wenn ich als Ausschussvorsitzender angeschrieben werde.“ Dabei sei ihm der persönliche Austausch wichtig, er würde ungern nur noch über Plattformen kommunizieren. „Dort ist eine ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung heute nur noch selten möglich“, sagt er. „Abgeordnetenwatch hat dabei eine Sonderrolle, weil die Plattform moderiert ist und sehr viel Wert darauf legt, dass sich Fragen und Fragesteller an Regeln guter Kommunikation halten.“
Das Moderationsteam prüft sowohl die Frage als auch die Antwort der jeweiligen Abgeordneten – bei den Fragen muss allerdings um ein Vielfaches häufiger eingegriffen werden, wie Geschäftsführerin Léa Briand berichtet. Auch Marcus Optendrenk, der für die CDU im Landtag sitzt, befürwortet, dass Abgeordnetenwatch moderiert wird und „Fragen (und Antworten) nicht zulässt, die Gewaltherrschaft befürworten, rassistisch oder sexistisch sind“.
Bundestagsabgeordneter Martin Plum (CDU) wurde 23 Mal befragt und nutzt die Plattform gerne. Aber: „Die Fragen auf der Plattform kommen oft nicht aus unserem Kreis Viersen“, sagt er. „Die Bürger aus unserem Kreis Viersen bevorzugen klar den direkten Austausch mit mir. Der bleibt bei Abgeordnetenwatch leider auf der Strecke.“
Kay Gottschalk (AfD) findet es ebenfalls gut, dass es die Plattform gibt: „Wir haben das Gefühl, dort Menschen zu erreichen, die sonst nicht mit uns kommunizieren würden“, sagt er. Er hat alle 24 Fragen beantwortet, die bisher öffentlich an ihn gerichtet worden sind.
„Unser Wahlportal macht es für Wählerinnen und Wähler ganz einfach, die Kandidierenden kennenzulernen und durch eigene Fragen besser einzuschätzen“, sagt Anne Hoppe, Projektmanagerin von Abgeordnetenwatch. „Der direkte Dialog schafft Transparenz und hilft, eine fundierte Wahlentscheidung zu treffen.” Vom Kandidierendencheck würden gerade unentschlossene Wähler profitieren. Er biete eine schnelle, verlässliche Orientierung für die Erststimme. Das Beantworten der Fragen dauert nur fünf Minuten. Durch das Eingeben der Postleitzahl zu Beginn werden außerdem nur die Kandidierenden angezeigt, die für die eigene Erststimme infrage kommen.
Die Niedrigschwelligkeit ist eine Stärke der Plattform. Bisher wurden dort rund 300 000 Fragen gestellt. Außerdem führt das Team investigative Recherchen zu Lobbyismus, Parteispenden und Korruption durch. Optendrenk sieht in der Kürze der Antworten ein Manko. „Unsere Welt ist komplex, und auch politische Beweggründe und Entscheidungen sind es häufig. Um einen Fragesteller zu überzeugen, ist es daher manchmal notwendig, etwas mehr auszuholen und ausführlich die Zusammenhänge zu erklären.“