Schulprojekt in Nettetal Wenn Schüler zu Mordermittlern werden

Nettetal · Das Klassenzimmer als Tatort: Im Werner-Jaeger-Gymnasium gehen Schülerinnen und Schüler unter die Ermittler. An der Schule ist das Projekt „Dem Täter auf der Spur“ gestartet.

Die Spurenermittlung bei der Arbeit im Projekt „Dem Täter auf der Spur“.

Foto: Bianca Treffer

Auf den Tischen im Biologieraum des Werner-Jaeger-Gymnasiums stapeln sich weiße Overalls, blaue Überzieher für Schuhe und Einmalhandschuhe vor den 30 Schülern, die dort Platz genommen haben. Auf weiteren Tischen stehen Mikroskope, von denen eines gerade in den Mittelpunkt gerückt ist.

„Die Erklärungen für die Blutanalyse befinden sich hier auch noch in schriftlicher Form. Wir zeigen jetzt einmal, wie es geht“, sagt Susanne Theuring. Die Biologie- und Geschichtslehrerin greift zur Pipette, um aus dem Reagenzglas zwei Tropfen Blut auf den Objektträger zu geben. Zwei kleine gläserne Flaschen kommen ins Spiel. In der einen befindet sich eine blaue, in der anderen eine gelbe Flüssigkeit. „Ich gebe jetzt einen Tropfen Blau Anti-A auf den einen Blutstropfen und einen Tropfen Gelb Anti-B auf den anderen“, erläutert sie die Vorgehensweise der Analyse zur Bestimmung der Blutgruppe. Ihre Kollegin Monja Izquierdo von Paller, nimmt alles mit einem Tabletcomputer auf, um den Vorgang für alle gut sichtbar auf der Leinwand zu zeigen. Zudem möchte die Biologie- und Erdkundelehrerin wissen, welche Blutgruppen es gibt. Schülerhände fliegen nach oben. Die Antwort „A, B, Null und AB“ kommt wie aus der Pistole geschossen.

Im Werner-Jaeger-Gymnasium ist das Projekt „Dem Täter auf der Spur“ angelaufen. Dieses Jahr mit dem Titel „Tod im SV-Raum“. Seit mehr als 20 Jahren bietet das Lobbericher Gymnasium seinen Schülern ein fächerübergreifendes Projekt, bei dem die Schüler einen Kriminalfall lösen müssen. Eine Woche lang fungieren Neunt- und Zehntklässler der Schule als Ermittlungsteams. Die Schüler lernen, wie Fingerabdrücke genommen und mittels Gips Fußabdrücke festgehalten werden können. Das Projekt läuft in der Regel in der Stufe neun, vor dem Hintergrund der Umstellung von G8 auf G9 nimmt die Jahrgangsstufe zehn diesmal aber ebenfalls mit von der Partie.

„In jeder der teilnehmenden Klassen entscheiden sich die Schüler, welchem Team sie angehören möchten. Da gibt es die Spurensicherung, die Fotografen, die eigentlichen Ermittler und die Reporter“, erklärt Chris Michiels. „Für jede Gruppe steht eine Einführung an, der sich dann der eigentliche Fall anschließt.“

Sechs identische Tatorte muss das organisierende Lehrerteam herrichten. Dazu kommen der Aufbau der Asservatenkammer, die Einrichtung von BKA und LKA, die , besetzt sind sowie die Bereitstellung der Zeugen, die in diesem Jahr von Freiwilligen aus dem Oberstufenjahrgang EF gespielt werden.

Dann ist es soweit. Ausgerüstet mit dem neu erworbenen Wissen treffen die Teams der Spurensicherung mit Fotografen und Ermittlern an den Tatorten in den Klassenzimmern ein. Der Blick fällt auf umgeworfene Stühle, zerrissene Zeitungen sowie Papiere, die eindeutig durch einen Reißwolf gegangen sind. Eine leere Wodkaflasche liegt in unmittelbarer Nähe einer gelb eingezeichneten Silhouette samt einem Blutfleck in Kopfhöhe. Die Stelle, wo die Leiche lag.

„Wir starten mit dem Absperren“, gibt Enrica vor. Emma und Sophie greifen zu dem rot-weißen Absperrband und machen sich an die Arbeit. „Hier sind Haare“, sagt Zara, die bereits die ersten Beweisstücke nummeriert und mit deren Dokumentation startet.

Leonard hat ein Kondom entdeckt und Arthur eine Zigarette. „Bestimmt eine Beziehungstat“, mutmaßt Leonard, nachdem er auch noch einen BH als Beweisstück sichergestellt hat. Derweil halten Simon und Anir den Tatort und seine einzelnen Beweisstücke mit der Kamera fest. Die Ermittlung nimmt Fahrt auf. Fingerabdrücke nehmen und überprüfen, den Schuhabdruck in der Erde festhalten, Zeugen befragen, Alibis überprüfen, den Tathergang rekonstruieren – alle sechs Teams sind auf der Spur des Mörders.

„Über Ermittlung und Spurenlage einen Täter dingfest machen – das geht nur, wenn man als Team gut zusammenarbeitet. Die Kommunikation untereinander ist wichtig. Die Schüler lernen hier unter anderem, was es heißt als Team zu arbeiten“, sagt Theuring. Wobei das Ganze von den Reportern festgehalten und im Anschluss als Dokumentation im Foyer des Gymnasiums ausgestellt werden wird.