Serie: Starke Paare aus Nettetal Seit 20 Jahren im Unruhestand

<irwordspace style="word-spacing -0075em;"><irglyphscale style="font-stretch 97%;">Nettetal </irglyphscale></irwordspace> · Doris und Wilfried Niederbroecker aus Hinsbeck haben kürzlich den Nettetaler in Silber erhalten. Das Ehepaar übernahm eine Reihe von Ehrenämtern in Kirchengemeinde, Justiz und Flüchtlingshilfe.

Das Ehepaar Doris und Wilfried Niederbröcker.

Foto: Heribert Brinkmann

Beim Neujahrsempfang der Stadt sollten Doris und Wilfried Niederbroecker den Nettetaler in Silber erhalten. Kurzfristig erkrankt, konnten sie nicht zum Empfang am 11. Januar in der Kulturaula in Kaldenkirchen kommen. Den Nettetaler haben sie immer noch nicht – aus Termingründen, was das Paar aber ganz locker nimmt. Nur der schöne Blumenstrauß vom Bürgermeister ist weitergegeben worden, Doris Niederbroecker hat ein Foto davon auf ihrem Handy. Zugesprochen wurde der Nettetaler dem Ehepaar aufgrund seiner „außergewöhnlichen Verdienste und persönlichen Einsatzes für die Flüchtlingshilfe“. Schon am Telefon und auch beim Besuch in ihrem Heim in Hinsbeck betont Wilfried Niederbroecker, dass sie beide nicht alleine im Vordergrund stehen wollten und wie wichtig ihm die Teamleistung der Flüchtlingshilfe sei: „Den Nettetaler bekommen wir für alle.“ Er sieht sich lediglich als ein „Aushängeschild“.

In seinem Leben habe er vieles ehrenamtlich gemacht, er habe dabei aber nie nach einer Ehrung gestrebt.

Wer ist dieses außergewöhnliche und sehr aktive Ehepaar, heute bereits über 80 Jahre alt, das keinerlei Aufhebens um sich machen will, ungeachtet der Tatsache, dass es weiß, was es initiiert und mit anderen zusammen zu Wege gebracht hat. Wilfried Niederbroecker ist ein echter Nettetaler, 1940 in Lobberich geboren. Doris Niederbroecker, ein Jahr jünger, stammt aus Geldern. Sie war Assistentin der Geschäftsleitung bei Siempelkamp Reaktortechnik in Krefeld. In diesem beruflichen Umfeld haben sie sich kennengelernt. Sie hatten ein erfülltes berufliches Leben. Der Bankkaufmann und studierte Betriebs- und Volkswirt arbeitete als Wirtschaftsprüfer und kaufmännischer Geschäftsführer. Abgesehen von seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht Krefeld von 1994 bis 2003 starteten die ehrenamtlichen Aktivitäten aber erst, nachdem er 2004 in Rente gegangen ist. Von 2009 bis 2015 war Wilfried Niederbroecker Presbyter bei der Evangelischen Kirchengemeinde Lobberich-Hinsbeck, als „Kirchmeister“ für die Finanzen der Gemeinde zuständig. Gleichzeitig startete die Aktion der Weihnachtswünsche, in Anlehnung an Viersen, wo es das schon erfolgreich umgesetzt worden war. Mit Hilfe des Familienbüros der Stadt wurden Wünsche von Kindern bedürftiger Familien gesammelt. Auf Sterne geschrieben und an Weihnachtsbäumen an verschiedenen öffentlichen Stellen aufgestellt, konnten sich die Nettetaler einen Stern aussuchen und ein Geschenk besorgen. Dazu wurde eigens ein Verein gegründet: der Förderverein zur Unterstützung sozialer und diakonischer Maßnahmen der evangelischen Gemeinde. Vor Heiligabend wurden in der Werner-Jaeger-Halle große Feste gefeiert, bei denen Engelchen auf der Bühne Päckchen an die eingeladenen Kinder verteilten. Von 47 wuchs die Zahl der Geschenke bis auf 320 an. „Das war toll“, schwärmt Doris Niederbroecker von diesen Aktivitäten. Sehr engagiert mitgemacht hat damals auch Uwe Sieck, schließlich musste die Hälfte der Geschenke noch weihnachtlich verpackt werden. Inzwischen gibt es den Verein nicht mehr, die Spenden und die Mitgliederzahlen gingen immer mehr zurück.

Vor der Flüchtlingskrise 2015/16 hatte Beate Engelke, Lehrerin und Frau von Pfarrer Matthias Engelke, bereits 2013/14 im Gemeindehaus der Kirchengemeinde auf eigene Regie Sprachkurse für Flüchtlinge angeboten. Daraus entwickelte sich 2014 der Wunsch, in Nettetal einen Förderverein für die Flüchtlingshilfe zu gründen. Im April 2015 wurde der Förderverein offiziell gegründet – und von diesem Augenblick an waren Wilfried und Doris Niederbroecker „unermüdlich in die Arbeit des Vereins eingebunden“, wie es in der Laudatio hieß. Und weiter: „Sie waren es, die gemeinsam mit vielen anderen Akteuren die Grundlage für eine erfolgreiche und gut strukturierte Flüchtlingshilfe in Nettetal legten.“

Die Situation mit den zugewiesenen Flüchtlingen war vor allem am Anfang eine große Herausforderung für alle. Die Stadt erinnert daran, dass die Aufnahme der Hauptschule Lobberich als Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge nach einem gut organisierten und engagierten Team verlangte, das die vielen Aufgaben koordinierte. „Es war der Förderverein, der in dieser Zeit zu einem der wichtigsten Akteure in der Flüchtlingshilfe wurde“, ist in der Laudatio zu lesen. Das bedeuteten für die vielen Ehrenamtler neben den Mitarbeitern der Stadtverwaltung oftmals nächtliche Einsätze. Vielfach kamen Busse mit Flüchtlingen erst spätabends an. Sie waren von Prag oder der österreichischen Grenze den ganzen Tag unterwegs gewesen. In Nettetal mussten die Flüchtlinge dann auf Unterkünfte verteilt werden. Wilfried Niederbroecker gelang es, den pensionierten Mediziner Dr. Esfahani als Arzt für die Unterkunft zu gewinnen.

Bei all den Aktivitäten kommt aber auch die Kultur nicht zu kurz. Durch die Reihe „Jazz in der Kirche“ lernte das Ehepaar die Posaunisten Hansjörg Fink vom Duo Fink und Körner kennen. Fink lebt ebenfalls in Hinsbeck. Und Doris Niederbroecker steht über ihr Smartphone mit dem Violinisten Daniel Hope und dem Pianisten Igor Levit in Verbindung. Langweilig ist beiden nie.