Willich: Nepal - Himmelsreise auf den Gipfel
Extrembergsteiger Michael Köhler aus Willich hat im Himalaya wieder einen 7000er erklommen. In Rekordzeit.
Willich. Wenn Michael Köhler morgens im Dolpo-Gebirge im Himalaya aus seinem Schlafsack kriecht, pocht das Blut in seinem Kopf. Es ist kalt, der Wind stark, die Luft dünn.
Mit drei Mitstreitern überwindet er schmale Pässe, findet verborgene Pfade, blickt in einsame Schluchten, hangelt sich an Felsen hinauf, immer bepackt mit dem 25 Kilogramm schweren Rucksack.
Die Sonne gerbt die Haut, beißt in den Augen, der Gipfel ist weit entfernt, nicht mal mit dem Fernrohr zu sehen. Die Landschaft ist weit, Kontakt zur Zivilisation gibt es nicht.
Der Willicher Extrembergsteiger Michael Köhler hat den Aufstieg auf den Putha Hiunchuli gewagt, ein mehr als 7200 Meter hoher Berg. Und er hat es geschafft, schneller noch als erwartet.
"Wir hatten eigentlich sieben Wochen eingeplant, haben aber nur fünf Wochen gebraucht, weil wir schneller auf dem Gipfel waren", sagt Köhler über die Expedition im April. Wenn er von der Anreise erzählt, klingt es wie ein Wunder, dass er überhaupt den Berg erreicht und hinter den monumentalen Bergkämmen anderer Gipfel gefunden hat.
"Wir hatten super Wetter", sagt er und meint "nur" minus 20 Grad und einen mittleren Wind. Nichts, was einen geübten Bergsteiger schrecken kann. Auch die Abgeschiedenheit macht ihm nichts aus.
"Man muss halt aufpassen", sagt er. Wenn sich einer der vier Bergsteiger auf der Tour verletzt hätte, wären die Abenteurer auf sich allein gestellt gewesen - Sanitäter, Helikopter oder auch nur ein Telefon wären mehrere Tagesreisen fern gewesen.
Und dass eine Expedition durchaus Gefahren birgt, zeigt sich beim Abstieg der Gruppe: Ein Wetterumschwung mit viel Schnee hat das Basiscamp von der Außenwelt abgeschnitten. "Im Nachhinein haben wir absolutes Glück gehabt", sagt Köhler.
"Wenn wir später gewesen wären, hätten wir auf dem Basiscamp festgesessen." Den Gipfel des Putha Hiunchuli hatten zwei der Bergsteiger bei einer früheren Expedition entdeckt und so das nächste Reiseziel beschlossen. "Wir waren in diesem Raum die einzige Expedition in diesem Jahr."
Warum er sich die Strapazen zumutet? "Immer nur da hinfahren, wo alle hinfahren, das wär nix für mich", sagt er. "Ich will was anderes sehen." Auf seinen Touren hat er bereits viel Einzigartiges und Seltenes erlebt: Umweltverschmutzung, Naturschönheit und kulturelle Kluften.
Er hat die Heiligtümer Kathmandus bestaunt wie auch die Korruption, wurde Zeuge, wie Leichen in einem Fluss verbrannt wurden und nebenan die Kinder in der brackigen, verseuchten Brühe spielten.
Er war dabei, als Freunde Nerven und Zehen verloren, er stand auf den höchsten Bergen der Welt mit einem Weitblick, dem die Augen standzuhalten fast nicht vermochten.
Seit rund einem Monat ist Michael Köhler wieder in Willich - und lange wird es ihn dort nicht halten. Zur Vorbereitung auf die nächste Tour, die ihn im Frühjahr 2010 wahrscheinlich in die Atacama-Wüste in Argentinien führen wird, läuft er täglich bis zu 20 Kilometer und fährt häufig in die Alpen, um im Trekking-Training zu bleiben.
Denn mit der richtigen Vorbereitung kann er die Risiken möglichst gering halten. "Aber wahrscheinlich war das Gefährlichste an der ganzen Expedition der Verkehr in Katmandu", sagt Michael Köhler und lacht.