Inklusion in Grevenbroich Stadt startet den „Barriere-Melder“
Grevenbroich · Jetzt gibt es den „Mängelmelder“ für all jene Hürden, die für Grevenbroicher mit körperlichen Beeinträchtigungen ein Ärgernis sind. Das Online-Tool für weniger Alltags-Barrieren kann jeder nutzen. Wie es funktioniert und was das Ziel ist, erklärt Inklusionsbeauftragter Uwe Durst.
Der „Mängelmelder“ der Grevenbroicher Stadtbetriebe ist eine Erfolgsgeschichte. Vom achtlos in die Landschaft gestellten Einkaufswagen bis hin zum lästigen Schlagloch: Jeden Tag werden über die Online-Plattform Ärgernisse aus dem ganzen Stadtgebiet gemeldet und der Reihe nach beseitigt – inklusive Statusmeldung. Ganz ähnlich funktioniert eine Plattform, die neu an den Start gegangen ist: der „Barriere-Melder“. Auch dabei handelt es sich um ein Online-Tool für Ärgernisse des Alltags, die aber nicht gleich für jeden auf Anhieb erkennbar sind. Denn gemeldet werden Hürden aller Art, die Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen im öffentlichen Raum vor Herausforderungen stellen. Der „Barriere-Melder“ soll die Inklusion fördern.
Die Idee, so eine Plattform für Grevenbroich an den Start zu bringen, kam im Zuge des Inklusionskonzepts, sagt Uwe Durst. Als „Beauftragter für das Inklusionswesen“ kümmert er sich seit 2023 im Rathaus darum, die Inklusion in der Schlossstadt zu fördern. Das Ziel lautet: Partizipation auf Augenhöhe. In der Mai-Sitzung des Sozialausschusses möchte Uwe Durst das „Grundgerüst“ für das Inklusionskonzept vorstellen. Mit dem Konzept, sagt Durst, ist keinesfalls ein Projekt gemeint, das eines Tages abgeschlossen wird und danach womöglich in Vergessenheit gerät: Das Konzept soll vielmehr stetig weiterentwickelt werden.
In Zukunftswerkstätten – von diesen Workshops hat es im vergangenen Jahr bereits eine Handvoll gegeben – haben Betroffene selbst die Möglichkeit, zu benennen, an welchen Stellschrauben gedreht werden müsste, damit der Alltag in Grevenbroich für sie noch angenehmer wird. Der „Barriere-Melder“ ist, und darauf macht Uwe Durst explizit aufmerksam, nur ein Aspekt von vielen. Aber ein wichtiger.
Denn mehr als ein Drittel der Menschen in Deutschland lebt mit Beeinträchtigungen, wie die Stadtverwaltung informiert. Uwe Durst schätzt, dass in Grevenbroich etwa elf Prozent der Bevölkerung als schwerbehindert gelten – mehr als 7000 Menschen. Barrierefreiheit aber betrifft keinesfalls nur Menschen mit Behinderung: Hürden müssen auch Senioren überwinden, die mit einem Rollator unterwegs sind, oder Menschen, die in Folge eines Unfalls oder wegen einer Krankheit in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind.
Bisher sind erst
fünf Meldungen eingegangen
Grevenbroich soll zugänglicher gemacht werden: für Rollstuhlfahrer, für Blinde, für Gehörlose – für alle. So kann jedermann mithilfe des „Barriere-Melders“ unkompliziert und ohne Registrierung Hindernisse im öffentlichen Raum melden: Stufen, Treppen oder zu steile Rampen, Stolperfallen auf Straßen und Wegen, technische oder digitale Barrieren, Kommunikationsprobleme oder etwa Zugangshürden bei Veranstaltungen. Nutzer können ihre Meldung einer bestimmten Kategorie zuordnen und das Problem beschreiben. Die Meldungen werden von der Stadtverwaltung geprüft – und genau wie beim „Mängelmelder“ mit einem Status versehen.
Bisher sind lediglich fünf Meldungen eingegangen, was wohl aber auf die mangelnde Bekanntheit der Plattform zurückzuführen ist. So weist ein Nutzer darauf hin, dass der neue Boule-Platz im Neubaugebiet Kapellen (Im Weizenfeld) wegen zweier Treppenstufen für Rollstuhlfahrer oder Rollator-Nutzer de facto nicht aus eigener Kraft zu erreichen ist. Dabei sind in der Umgebung extra barrierefreie Wohnungen geschaffen worden. Ein anderer Fall: Beim „Selbsthilfetag“ im Rahmen des City-Frühlings 2024 sollen barrierefrei zugängliche Toiletten gefehlt haben. Die Stadtverwaltung hat in beiden Fällen zugesagt, eine Lösung zu suchen. Der Status in beiden Fällen: orange, also „in Bearbeitung“. Uwe Durst ist in den vergangenen Monaten auf etliche Barrieren aufmerksam gemacht worden. Für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen beispielsweise soll allein schon der Weg vom Grevenbroicher Bahnhof zu den Bushaltestellen auf dem Vorplatz eine Herausforderung sein, weil es kein Leitsystem gibt. In den Bussen geht es weiter: Nicht immer gibt es Ansagen für die einzelnen Haltestellen. Wer nichts sieht, strandet im Zweifel an der Endstation.
Letzteres Beispiel zeigt, dass die Stadt nicht immer unmittelbar für Verbesserungen sorgen kann. Oft sind der Zuständigkeit halber andere Stellen involviert. „Aber wir können das Gespräch suchen, Verbesserungen anstoßen – und ein Bewusstsein schaffen“, sagt Uwe Durst, der auch die Inklusion in Sachen Museums-Umbau ins Visier nimmt. Die Inhalte der Ausstellung sollen für alle Menschen erlebbar werden.
Losgelöst vom „Barriere-Melder“ soll es künftig auch Interviews mit Betroffenen direkt geben. Davon verspricht sich der Inklusionsbeauftragte weitere Erkenntnisse, die auch in den 2024 ins Leben gerufenen Grevenbroicher Inklusionsbeirat einfließen dürften. Um Teilhabe für alle zu ermöglichen, hat die Stadt noch einiges vor sich.