Lank-Latum: Empfang wie bei einem Staatsbesuch

Die fünfte USA-Reise nach Loose Creek unternahmen jetzt 55 Meerbuscher.

Lank-Latum. Nicht jedem Auswanderer, der vor über 150 Jahren aus dem Rheinland in das gelobte Land Amerika immigrierte, wird das Glück so hold gewesen sein, wie jenem Gerhard Münks aus Osterath, der sich als Goldsucher betätigte - und fündig wurde.

Insgesamt folgten um die 700 Rheinländer ab 1834 den Pionieren Adolph Scheulen aus Lank und Joseph Aretz aus Ilverich über den großen Teich. Relativ geschlossen siedelten sie sich in Missouri, vor allem in Loose Creek, an.

Der Heimatkreis Lank hat diese Wurzeln offengelegt, und nachdem 1991 im Dorf sogar ein Missouriplatz eingeweiht wurde, folgten im Jahr darauf erstmals 31 Meerbuscher dem Ruf ihrer Vorfahren. 1994 namen 49 Amerikaner die Einladung zu einem Gegenbesuch an. Seitdem ist eine echte Partnerschaft - ohne offiziellen Anstrich - entstanden, alle zwei Jahre besucht man sich gegenseitig.

Die inzwischen fünfte Reise in die USA unternahmen Anfang Juli 55 Meerbuscher. Erfreulich: "Erstmals waren auch jüngere Menschen zwischen neun und 16 Jahren dabei", erzählt Franz-Josef Radmacher, Vorsitzender des Heimtkreises. "Der Verein gewährt Jugendlichen einen finanziellen Bonus zu den Reiskosten, denn die sind nicht von Pappe."

Über den "Umweg" New York und Boston landete die Reisegruppe am 3. Juli auf dem Flughafen von St. Louis. Nach ihrer Ankunft in Loose Creek wurden die Heimatfreunde für die Dauer ihres Aufenthalts erst einmal zu "Ehrenbürgern auf Zeit" ernannt. In dem 1000-Einwohner-Dorf wurde man ausnahmslos privat untergebracht, denn "in ganz Loose Creek gibt es keine Hotel", weiß Inge Stein.

Die Aufmerksamkeit, die den Meerbuschern bei ihren Besuchen zuteil wird, ist mit der eines Staatsbesuchs zu vergleichen: "Die Sporthalle beim Empfang ist beflaggt mit Fahnen aus Meerbusch, dem Kreis Neuss und Nordrhein-Westfalen", zählt Radmacher auf.

Sämtliche Geschenke, die im Verlauf der Jahre gemacht wurden, seien in einer Vitrine ausgestellt. "Und jede Gastfamilie hatte die Deutschland-Fahne aus dem Fenster hängen", wundert sich Hans-Wilhelm Webers.

Den amerikanischen Nationalfeiertag am 4. Juli verbrachte die Delegation in der Missouri-Hauptstadt Jefferson City, wo Radmacher, in Meerbusch immerhin stellvertretender Bürgermeister, aufgefordert wurde, eine Rede zu halten. "So viel Beifall habe ich in Meerbusch noch nie bekommen", lacht der Lanker, der allenfalls bei der Wahl der Kleidung leicht daneben lag: Mit Hemd und Krawatte wirkte er neben seinem Kollegen John Landwehr, Stadtoberhaupt in Jefferson City und in Jeans und T-Shirt ziemlich leger gekleidet, etwas deplatziert.

Wer sich über den Deutsch klingenden Namen des amerikanischen Bürgermeisters wundert: Gerade in Missouri wimmelt es nur so von Bescheinens und Backes’, Schaefers und Schepers. "Und in Loose Creek sprechen alle Älteren Lankter Platt", berichtet Inge Stein.

Nur Hochdeutsch könne so gut wie keiner, und Radmacher befürchtet, dass auch die Mundart dort nach Erreichen der mittlerweile sechsten Auswanderer-Generation bald aussterben wird: "Die Jüngeren beherrschen das Platt nicht mehr."

Überhaupt gebe es viele Parallelen zwischen der Lanker Mundart und dem Englischen, hat Stein entdeckt. "Für Tochter sagen wir Dauter, was dem Englischen daughter ja sehr ähnlich ist", nennt sie nur eines von vielen möglichen Beispielen. Eine 90-Jährige habe der Besuch aus Deutschland besonders gefreut: "So is dat leve", habe sie immer lächelnd gesagt, erinnert sich Stein.

In der örtlichen Tageszeitung, "The Unterrified Democrat" (Der Unerschrockene Demokrat) schafften die Meerbuscher es mit ihrem Besuch ebenfalls auf die Titelseite. "Ein Interview musste ich dem Lokalradio in Missouri auch geben", erzählt Radmacher, der auf eine andere Begegnung getrost hätte verzichten können: "Ich bin auf dem Highway zu schnell gefahren, 81 statt der erlaubten 65 Meilen, wurde von einem State Police Officer angehalten und bekam ein Strafticket über 75 Dollar."

Das zu bezahlen, stellte sich als gar nicht so einfach heraus. Letztlich habe es ausgereicht, die Kreditkartennummer anzugeben. "Mit Beleg oder Unterschrift haben es die Amerikaner offenbar nicht so", sagt Stein achselzuckend.

Die Rückreise sei dann für den Großteil der Reisegruppe noch einmal ein unerfreuliches Abenteuer gewesen. Wegen eines Wirbelsturms über Atlanta verpassten die Meerbuscher ihren Anschlussflug. "Der ganze Flughafen in Atlanta war dann voller Menschen, die nicht wegkamen - das war wie in einem Ameisenhaufen", so Webers, der sich federführend um die (stundenlang andauernden) Umbuchungen kümmerte.

Mit Müh und Not habe man in einem Motel (Webers: "ein Rattenloch") eine Übernachtungsmöglichkeit gefunden. Teilweise konnten die Urlauber erst am nächsten Tag über Paris oder Mailand ihren Heimflug nach Düsseldorf antreten. "Unsere gute Laune haben wir aber nie verloren", versichert Stein. "Im Bus wurde sogar gesungen."