Osterath: Hammer-Massage gegen Dellen

An der Breite Straße in Osterath werden bis zum Jahresende hunderte von Autos aus Meerbusch, Kaarst und Krefeld „ausgebeult“.

Osterath. Wenn die Herrschaften draußen auf der Straße von der Polizei beobachtet würden, sie kämen wahrscheinlich sofort in die Zelle. Mit Metall- und Kunststoffhämmern sowie einem so genannten "Packer" klopfen sie in der Halle an der Breite Straße munter auf dem Lack von zum Teil hochwertigen Autos herum.

Doch die nur auf den ersten Blick brachiale Methode, um Dellen aus den Fahrzeugen zu entfernen, verlangt viel Gefühl, Konzentration und Köpfchen. "Wir nennen das gerne auch massieren", meint André Gebauer, Projektleiter bei der Firma Dent Wizard.

Gemeinsam mit dem Versicherer HUK wickelt Dent Wizard etwa 12000Hagelschäden im Raum Krefeld/Rhein Kreis Neuss vom verheerenden Gewitter am 30.Mai ab. Deutlich höher ist die Zahl der Geschädigten: "Nach unserer Information sind 85000 Autos in der Region betroffen", erklärt Thomas Dworaczek, Verkaufsleiter bei VW Nauen. Die Firma war eine der Hauptbetroffenen des damals zehnminütigen "Hagelbombardements" mit alleine 200 beschädigten Neu- und Gebrauchtwagen. Durchschnittlicher Schaden an den Autos: 4000 Euro.

Durch Zufall fand sich an der Breite Straße eine Halle für die Hagel-Experten von Dent Wizard, die mit ihrem Personal gar nicht mehr nachkamen. Aus der ganzen Welt mussten Leute eingeflogen werden. Drei Australier, ein Amerikaner, zwei Italiener und ein Franzose arbeiten neben Deutschen, um die Hagelschäden zu beseitigen. "Dellendrücker" werden sie genannt, "Kaltdrücken" heißt die Technik - ohne Spachteln und Lackieren.

Im Idealfall wird die Delle - nachdem die Verkleidung beispielsweise von der Tür abmontiert wurde - herausgehebelt. Danach wird von außen mit Hammer und "Packer" immer wieder "massiert", bis keine Unebenheit mehr zu sehen ist. Ein Weichmacher im Lack verhindert Risse. Gefühl, Konzentration und Augenmaß sind gefragt.

Viele, die bei Dent Wizard angeheuert haben, seien an dieser Geduldsarbeit gescheitert, meint Gebauer. 250"Einschläge" an einem Auto seien keine Seltenheit, fast einen ganzen Tag hat ein Techniker an einem Auto zu tun.

An Säulen, wo von hinten nicht gehebelt werden kann, hilft eine Klebetechnik. Am Dach eines Renault Twingo muss Stefan Walpuski aus Rendsburg einen Kunststoffpfropfen mit Heißkleber befestigen. Mit einem Spezialwerkzeug zieht er ihn - und damit das Metall - später hoch. "Das sieht ja schon gut aus", meint er. W

arum er den Job macht? "Weil es Spaß macht. Das ist ein erhebendes Gefühl, wenn die Karosserie hinterher wie neu aussieht." Laut André Gebauer spart diese Reparaturmethode zwei Drittel an Kosten gegenüber herkömmlichen Techniken.