Meerbusch: Hebamme als Erziehungshilfe

Immer mehr Jungen und Mädchen benötigen Hilfe, weil die Eltern überfordert sind.

Meerbusch. Vernachlässigte, geschlagene Kinder, die gar den Hungertod sterben. Neu geborene Babys, die, kaum auf der Welt, von der Mutter getötet werden. Und keiner hat etwas mitbekommen. Es vergeht kaum eine Woche, ohne dass solch schreckliche Nachrichten die Öffentlichkeit aufwühlen.

Viele Städte haben reagiert und Konzepte für den Kinderschutz auf den Weg gebracht, in der Region gilt Dormagen als Vorbild. Auch Meerbusch ist in dieser Hinsicht keine Insel der Glückseligkeit, seit 1990 haben sich Fälle, in denen Kleinkinder ambulante Hilfe in Anspruch nehmen mussten, vervielfacht, so die Erste Beigeordnete Angelika Mielke-Westerlage (siehe Kasten "Beängstigend Zahlen"). "Und die Dunkelziffer dürfte noch um einiges höher liegen."

Bereits Ende des vergangenen Jahres hat Meerbusch ein Paket geschnürt, das zum einen die Vernetzung aller mit der Thematik befassten Akteure und Organisatoren beinhaltet sowie zum anderen einen Besuchsdienst vorsieht, der bei Erziehungsberichtigten von Neugeborenen (ab der vierten Woche nach der Geburt) anklopft und Hilfen in allen Lebenslagen anbieten soll. Motto: Keine Kontrolle, sondern Unterstützung.

Die Ausschreibung für die Besetzung der Stelle mit einer Kinderkrankenschwester oder einer Hebamme soll unmittelbar nach Bekanntgabe der Haushaltssatzung rausgehen. Mitte des Jahres kann das Projekt starten, pro Jahr sind etwa 400 Hausbesuche vorgesehen. Vom Land gibt es eine Anschubfinanzierung von rund 5000 Euro.

Problem: Das vom Land in Aussicht gestellte Elternbegleitbuch lässt weiter auf sich warten. Jetzt wird die Verwaltung selbst aktiv, hat entsprechende Materialien gesammelt, die bei den Hausbesuchen den Eltern übergeben werden können.

Auch die angestrebte Vernetzung aller mit dem Kinderschutz befassten Experten erhält nun einen konkreten Rahmen: Am Mittwoch, 21. Mai, wird es in der Realschule Osterath zwischen 15 und 20 Uhr ein Fachforum geben, bei dem sich Kinderärzte und Gynäkologen, Schulleiter und Fachkräfte von Jugendeinrichtungen, Familienrichter und Übungsleiter von Sportvereinen, Mitarbeiter von Schulverwaltung und Jugendamt in Arbeitskreisen austauschen und ein Kriterienkatalog festlegen, wo die Vernachlässigung von Kindern beginnt und wann es in Verdachtsfällen erforderlich ist, einzuschreiten.

Dormagens Bürgermeister Heinz Hilgers wird in seiner Funktion als Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes die Eröffnungsrede halten. 150 Personen wurden eingeladen, die Politik will sich auf Wunsch des Jugendhilfeausschusses zunächst einmal bewusst raushalten. Im Anschluss soll ein jährlicher Erfahrungsaustausch stattfinden.