Neuss: Klangerlebnisse voll strahlender Leuchtkraft

Star-Geiger Nikolaj Znaider erobert das Publikum im Zeughaus im Sturm.

<strong>Neuss. Wenn ein Weltstar wie Nikolaj Znaider zur Violine greift, scheinen alle Mühen, die so ein Instrument dem Spieler abverlangt, beseitigt - als führten Bogen und Saiten eine Musterehe, ganz ohne Differenzen und Missklänge. In Wahrheit kann es durchaus auch knarren und quietschen, wenn die beiden Objekte aufeinander stoßen, vor allem, wenn sich ein Dilettant am Geigenspiel versucht. Man kann zwar von Profis erwarten, dass derartige Dissonanzen ausbleiben, doch die Leichtigkeit und Souveränität, mit der Znaider den Bogen über die Saiten gleiten lässt, versetzt einen in große Begeisterung. Ein Geigenspiel wie aus Samt und Seide ist zu erleben. Offenes, dunkles Jackett, weißes Hemd, Jeans, eine mit einem um den Kopf gespannten Gummiband fixierte Brille auf der Nase - so salopp betritt Znaider mit dem Pianisten Saleem Abboud Ashkar das Podium. Den Auftritt in Jeans bittet Znaider zu entschuldigen, dies sei kein Modegruß aus seiner Heimat, er habe schlichtweg, die zum Jackett passende Hose vergessen. Den groß gewachsenen 32-Jährigen mit dem jungenhaften Lächeln könnte man für einen Salon-Virtuosen halten, doch Blendwerk scheint seine Sache nicht zu sein. Bereits im ersten Stück, Beethovens Violinsonate op. 30 Nr. 3, fällt die sachte Beiläufigkeit auf, mit der Znaider bravouröse Stellen abhandelt, als geniere er sich etwas, so viel zu können.

Beethovens zehnte Violinsonate wird zur Offenbarung

Diese Bescheidenheit ehrt ihn zwar, doch hätte ein etwas heftigeres Auftrumpfen stellenweise zu mehr Ausdruckskraft geführt. Nun gerät manches etwas glatt. Als große Höhepunkte entfalten sich langsame Sätze. Vor allem Beethovens zehnte und letzte Violinsonate, das Opus 96 in G-Dur, wird zur Offenbarung. Die innere Sammlung, zu der Znaider im Adagio espressivo findet, lässt den Hörer an den tiefsten Emotionen Beethovens teilhaben. Auch in der d-Moll-Sonate von Robert Schumann, 1851 in Düsseldorf entstanden, sind es vor allem die introvertierten Momente, die bei Znaider am intensivsten herauskommen.

Auf dem Programm steht auch Modernes: Arnold Schönbergs Fantasie für Violine und Klavier. Znaider gibt das zwölftonale Stück auf eine Weise wieder, die der beim ersten Hören sperrig und abstrakt wirkenden Musik eine sehr sinnliche, unformalistische Klangwirkung verleiht. In großen Duos für Violine und Klavier sind Geiger und Pianist ebenbürtige Partner. Und mit Saleem Abboud Ashkar sitzt ein feinsinniger Virtuose am Flügel, der feste musikalische Fundamente schafft und in einen eloquenten Klang-Dialog mit dem Violinisten tritt.

Tipp: Das Konzert wurde von WDR 3 mitgeschnitten. Sendetermin ist der 18.März, 20.05 Uhr.