Neujahrsempfang der SPD Neuss So sieht Breuer die Stadt im Jahr 2030
Neuss · Sechs Wochen vor der vorgezogenen Bundestagswahl vermied die SPD beim Neujahrsempfang fast jeden Bezug zu diesem Ereignis, sondern eröffnete lieber den Kommunalwahlkampf. Der Bürgermeister schilderte dabei, wie er Neuss im Jahr 2030 sieht.
Wie hat sich Neuss bis zum Jahr 2030 entwickelt? Dieser Frage ging Bürgermeister Reiner Breuer nach, als er die rund 550 Gäste beim SPD-Neujahrsempfang am Donnerstagabend mit auf einen visionären Spaziergang durch die City nahm. Er zeichnete das Bild einer Stadt, die sicher, sozial und modern ist und die bis 2030 den Aufstieg in „Top Ten“ der Städte in Deutschland mit der höchsten Lebensqualität geschafft hat. Und die bis dahin die Kreisfreiheit zurückerlangt haben wird.
Zu fantastisch? In einigen Punkten vielleicht, doch Rosemarie Franken-Weyers, als Vorsitzende der SPD Neuss Gastgeberin des Abends, zeigte sich überzeugt: „Wenn wir alle an einem Strang ziehen, können wir einige Visionen umsetzen.“ Breuer sei dafür der richtige Mann – nur müsste er erst einmal wiedergewählt werden.
Sechs Wochen vor der vorgezogenen Bundestagswahl wollte die SPD vor allem den Kommunalwahlkampf eröffnen und ihrem Matador Reiner Breuer eine Bühne bereiten. Das wird sie beim politischen Aschermittwoch in einigen Wochen noch einmal tun. Der Bundestagswahlkampf spielte nur eine sehr untergeordnete Rolle.
So wurde der SPD-Kandidat Daniel Rinkert bei der Begrüßung erst einmal übersehen und dann mit seinem Redebeitrag zwischen die mit Esprit vorgetragene Rede des Bürgermeisters, dem Hauptredner des Abends, und den Besuch des Neusser Prinzenpaares gequetscht. Da konnte man nur lahm wirken. Rinkert fasste sich deshalb kurz. Er empfahl sich erneut als Kandidat aus der Region, den man kenne und der die Menschen hier kennt, und wies auf die Bundesmittel in Millionenhöhe hin, die er – sicher nicht alleine – für den Rhein-Kreis akquirieren konnte. Und erklärte kurz, welchen großen Wunsch er im Herzen trägt: Er will die Neusser Königsparade 2025 als gewählter Abgeordneter neben dem Schützenkönig abnehmen. „Ein Wunsch, den Sie erfüllen können“, sagte er, brachte aber kein echtes Argument, warum man ihn wählen sollte.
Auch die Neusser SPD-Größen vermieden es, als „Einpeitscher“ die Genossen im Saal auf den Bundestagswahlkampf einzuschwören. Sie sonnten sich lieber in den Erfolgen vor Ort und der Position, die sich die SPD in Neuss, „der neuen Herzkammer der Sozialdemokratie“, wie sich der Fraktionsvorsitzende Sascha Karbowiak ausdrückte, erobert hat. Dazu spulte Karbowiak seine schon mehrfach vorgetragene Hitliste der SPD-Erfolge ab: Mehr Wohnraum geschaffen, Investitionen in Schulen ermöglicht, die Kindertagesbetreuung gestärkt, den Kommunalen Ordnungsdienst aufgestockt, in den Sport investiert und die Landesgartenschau geholt.
Auch der Parteivorsitzende Heinrich Thiel machte einen Bogen um das offenbar Unaussprechliche. Er erinnerte nur an die Wahlkampfhilfe der SPD Neuss bei der Landtagswahl in Brandenburg („Wir haben gezeigt, dass die SPD in Ländern Wahlen gewinnen kann“) und wandte sich gegen alle Miesmacher. Deutschlands Lage sei besser als oft dargestellt, sagte Thiel. Sein Aufruf: „Etwas Hoffnung wagen in diesen Zeiten.“
Das nahm sich Bürgermeister Reiner Breuer offenbar direkt vor, denn er zeichnete sein Bild von Neuss im Jahr 2030 in den schillerndsten Farben. Das hatte er vor drei Jahren schon einmal beim Forum Stadtentwicklung getan, wo er die Umgestaltung des Theodor-Heuss-Platzes als bis dahin abzuhaken beschrieb. Davon war jetzt nicht mehr die Rede, dafür nannte Breuer in seiner Vision viele andere Errungenschaften: Das Landesgartenschaugelände, das bis 2030 zur Bühne für Kultur, Sport und Freizeit geworden ist. Ein Wendersplatz, auf dem sich Baukräne drehen und die Stadtwerke ein Römerbad bauen. Eine Markthalle in der ehemaligen Galeria, wo bei „Feinkost Aldi“ Dubai-Schokolade probiert wird. Und einen Bahnhof, den man (wieder) mit der kostenlosen Straßenbahn erreicht, und der frisch renoviert ist.
„Mit einem Boden wie geleckt“, sagte Breuer, der sich dann doch ins allzu Utopische verstieg, als er prophezeite: „Und die Deutsche Bahn fährt pünktlich.“ Das, gab er danach zu, sei denn doch nur ein Scherz gewesen.