Das Schweigen der Lämmer vom IOC
Olympische Idee und Informationsfreiheit sind nicht zu trennen.
Die feinen Herren des IOC treiben einem die Schamesröte ins Gesicht. Vor Monaten verkündeten die Nachlassverwalter der olympischen Idee noch stolz, dass die chinesische Staatsmacht allen Berichterstattern von den Pekinger Spielen freien Internet-Zugang gewähren werde.
Als wäre dies schon ein Garant für die Informationsfreiheit in einem Land, das die Zensur perfektioniert hat. Als sich selbst dieses Versprechen in den vergangenen Tagen als Luftnummer erwies, erinnerte das Exekutivkomitee an die sinnbildlichen drei Affen: Nichts gehört, nichts gesehen, nichts gesagt.
Noch unerträglicher ist die rechthaberische Reaktion des IOC, als die chinesische Führung gestern auf den internationalen Druck der Medien reagierte und wenigstens ein paar der gesperrten Seiten wieder freigab. Dem feigen Schweigen des IOC folgte der unbekümmerte Hinweis, China habe die freie Internetrecherche ja lediglich für das olympische Pressezentrum und allein für die Dauer der Spiele zugesagt. Diese Zielmarke aber könne der Gastgeber noch ohne Probleme einhalten. Zynischer geht’s nicht mehr.
Schätzungen zufolge sind in China 30 000 Zensoren damit befasst, Webseiten, Chatrooms und Internetforen nach subversiven Inhalten zu durchkämmen. Dabei soll die US-Firma Cisco-Systems die Staatsmacht mit den modernsten Filtersystemen versorgen. Und Netzgiganten wie Google, Yahoo und MSN legen sich seit Jahren eine massive Selbstzensur auf, um weiter im Milliardenmarkt China mitmischen zu können. Insofern befindet sich das IOC in bester Gesellschaft.
Die Korrespondenten, die aus China auch nach dem Abzug des unheimlichen Olympia-Trosses berichten werden, aber haben noch mit ganz anderen Problemen als den Internet-Beschränkungen zu kämpfen. Ihre Reisefreiheit ist massiv eingeschränkt. Der gewaltige chinesische Repressionsapparat sorgt dafür, dass sie kaum einmal mit regimekritischen Denkern ins Gespräch kommen.
Wenn ihnen dies doch einmal gelingt, verschaffen sie ihnen kein öffentliches Gehör, weil sie um Leib und Leben ihrer Informanten fürchten: eine ganz andere Form von Selbstzensur. Die Angst ist das erfolgreichste Mittel der chinesischen Informationsvermittlung.