Ein bisschen Frieden

Der streitbare Genosse Wolfgang Clement zeigt Bedauern.

Das sind die die Bilder, auf die die Republik gewartet hat: Wolfgang Clement zeigt sich von seiner weichen Seite und bedauert live und in Farbe seine Wahlkampfäußerungen gegen die eigene Partei. Der alte Medien-Profi hat seinen Auftritt perfekt inszeniert und setzt im letztmöglichen Augenblick ein Ausrufezeichen, bevor alle Welt nach Peking blickt.

Die SPD reagiert erleichtert - so, als ob ein irrationaler Politik-Rambo seine Waffen abgegeben hätte. Doch Beck, Kraft und andere mögen sich nicht täuschen: Es ist nur ein bisschen Frieden, den Clement gestern verkündet hat.

Die direkte Konfrontation ist nun beendet. Clement hat seinen hessischen Genossen so etwas wie ein "mea culpa" ("meine Schuld") zugerufen und dabei seine unmittelbar vor der Hessen-Wahl wiederholt ausgesprochene Warnung vor der Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti formell bedauert, inhaltlich aber bekräftigt.

Er hält die energiepolitischen Ideen der Hessen-SPD nach wie vor für Traumtänzereien. Und vor allem: Er behält sich vor, gerade dann dazwischen zu grätschen, wenn das Irrlicht Ypsilanti tatsächlich das Bündnis mit der Linkspartei suchen sollte. Und das ist nach Lage der Dinge wahrscheinlich.

Clement hat verbal abgerüstet, taktisch aber einen Coup gelandet. Die gesamte Parteispitze hat von ihm ein Signal der Entspannung erwartet. Dem ist er nach eingehender Beratung mit seinen Spezis Schily, Steinbrück und noch dem ein oder anderen Büchsenspanner aus lange vergangenen Regierungsjahren nachgekommen. Rein formell. Denn gleichzeitig hat er den Anspruch formuliert, gleichsam als Stimme der Vernunft seine Partei jederzeit wieder zur Ordnung zu rufen.

Was er nicht sagt, was aber seine dröhnende Botschaft ist: Es ist an der Parteispitze, also vor allem an Kurt Beck, die Partei wieder auf einen Kurs zu bringen, mit dem auch der alte Schröder-Flügel leben kann. Der Ball liegt nun bei Beck.

Er muss vor allem verhindern, dass Ypsilanti vollends aus dem Ruder läuft und mit einem zum Scheitern verurteilten rot-rot-grünen Pakt in Hessen der SPD den Todesstoß versetzt. Clement hat immer noch alle Fäden in der Hand. Die klügeren Köpfe in der SPD haben das auch schon gestern erkannt.