Meinung Eltern in Zeitnot - Flexibilität nutzt auch der Wirtschaft

In seinem Buch „Momo“ erzählt Michael Ende die Geschichte von den grauen Herren, die den Erwachsenen die Zeit stehlen. Ein Kind weiß dem Spuk ein Ende zu machen. Die heutigen Erwachsenen, die das Buch (vielleicht) gelesen haben, sind da ein bisschen weiter.

Foto: Peter Kurz.

Ihnen ist — das zeigt der NRW-Familienbericht — bewusst, dass ihnen die Zeit für die Kinder fehlt. Sie beklagen dies auch. Allein, sie sehen keinen Ausweg.

Früher war das einfach: ein Elternteil widmete sich ganz der Erziehung. Alles war gut. Oder auch nicht. Doch das alte Familienbild ist längst überholt. Ein Elternteil, der heute auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet, geht damit erhebliche Risiken ein. Die Zahl von 19,1 Prozent Alleinerziehenden unter den NRW-Familien spricht da eine deutliche Sprache.

Nun könnte man den Unzufriedenen sagen: Reduziert doch eure Arbeit, nehmt in Kauf, mit weniger Geld auszukommen. Doch finanzielle Gründe sind nur für 28 Prozent der befragten Väter der Grund, dass sie ihre Arbeitszeit nicht reduzieren. Rund 60 Prozent nennen das Arbeitsaufkommen als Grund. Oder die fehlende Flexibilität des Arbeitgebers. Aspekte also, auf die sie kaum Einfluss haben.

Es gibt Arbeitgeber, die längst verstanden haben, dass Rücksichtnahme auf Belange insbesondere junger Eltern in Zeiten des Fachkräftemangels in ihrem eigenen Interesse liegt. Familienfreundlichkeit, wozu auch Engagement etwa für betriebliche Kinderbetreuungsangebote zählt, ist ein Standortfaktor.

Altkanzler Schröder hat die Familienpolitik einst als „Familie und Gedöns“ abgetan. Doch Familienpolitik kann Rahmenbedingungen schaffen und die Partner zusammenbringen, wie es Ministerin Schäfer mit ihrem Familiengipfel plant. Erfahrungsaustausch über funktionierende Modelle und flankierende gesetzliche Maßnahmen sind gut für die gehetzte Elterngeneration. Und für die Wirtschaft.

Ein Beispiel: Beim Thema Home Office sind andere schon weiter. In den Niederlanden gibt es, soweit praktikabel, einen Anspruch für die Arbeit von zuhause aus. Bei uns hingegen hat nur der Karrierechancen, der immer sichtbar ist, auch wenn er im Büro viel Zeit mit Plauderei oder Internetsurfen verbringt. Wer in seinem Wohnzimmer arbeitet, gilt bei Chef und Kollegen als Faulenzer, dem Karriere und Firma unwichtig sind. Dabei können Telearbeit und die damit verbundene flexible und daher familienfreundliche Arbeit weitaus effektiver sein.