Kundus-Affäre: Rückendeckung für die deutschen Soldaten
Im Strudel der Kundus-Affäre ging eine Nachricht am Mittwoch fast unter: Bei einem Überfall in der Nähe des deutschen Feldlagers im Norden Afghanistans ist ein Bundeswehrsoldat von Aufständischen beschossen und verwundet worden.
Sein Zustand sei "stabil", hieß es. Nur wenige Zeilen widmeten die Nachrichtenagenturen diesem Vorfall. In langen Abhandlungen wird hingegen der Frage nachgegangen, ob die Kanzlerin zu spät über den verheerenden Angriff auf die Tanklastzüge informiert worden war.
Es wird berichtet, dass der geschasste Generalinspekteur Schneiderhan seinen Ex-Chef Guttenberg der Lüge bezichtigt. Und dass es den Nato-Offiziellen in den Tagen nach dem verhängnisvollen 4. September augenscheinlich mehr um ihren Ruf als um Aufklärung ging.
Es steht außer Frage: Der Untersuchungsausschuss ist wichtig und notwendig, um einen Vorfall aufzuklären, der vielen Zivilisten das Leben kostete. Aber wir dürfen darüber nicht die deutschen Soldaten aus dem Blick verlieren. Der Wehrbeauftragte Robbe bringt das Dilemma auf den Punkt, wenn er anmerkt, dass die Soldaten "jeden Tag ihren Kopf hinhalten und froh sind, wenn sie gesund und lebend von Patrouillenfahrten ins Feldlager zurückkommen".
Derzeit kämpft die Truppe an zwei Fronten: gegen die erstarkenden Taliban und gegen eine deutsche Öffentlichkeit, die kaum noch hinter diesem schwierigen und gefährlichen Einsatz steht.
Und wo bleibt die Rückendeckung aus Berlin für die Truppe, die - wohlgemerkt - mit einem Mandat des Bundestags versehen, den deutschen Beitrag zum Wiederaufbau eines Landes leistet, das nicht zu befrieden ist? Sie bleibt aus. Stattdessen erleben die Soldaten gegenseitige Schuldzuweisungen und Rechtfertigungsversuche der Politik, die nichts anderes sind als ein Ausdruck von großer Hilflosigkeit im Umgang mit der veränderten Lage in Afghanistan.
Längst sind die Einsatzziele und die realen Erfordernisse im Kampf gegen die Taliban auseinandergedriftet. Ob es den Parlamentariern nun gefällt oder nicht: Der Untersuchungsausschuss darf sich nicht in der Aufklärung des Tanklaster-Angriffs erschöpfen. Er muss auch dafür genutzt werden, das Mandat der Bundeswehr neu zu definieren. Das verlangt Offenheit. Die sind wir unseren Soldaten schuldig.