Sparen bis zum bitteren Ende
Immer mehr arme Städte dürfen nicht mehr ausbilden.
In diesen Tagen zeigt sich wieder einmal besonders deutlich, wie die politischen Gewichte zwischen Bund, Länder und Kommunen verteilt sind. Der Bund will im kommenden Jahr bis zu 100 Milliarden Euro Schulden machen - offen und verdeckt. Das Land muss mindestens 6,6 Milliarden Euro an frischen Krediten aufnehmen, um über die Runden zu kommen.
Beide Seiten verkaufen das der interessierten Öffentlichkeit als absolut notwendig und als Investition in die Zukunft. Am unteren Ende der Hierarchie sieht das ganz anders aus: Die besonders armen Städte müssen nicht nur Theater und Bäder schließen. Sie dürfen auch keine Lehrlinge mehr einstellen. Wer aber keinen Nachwuchs mehr ausbildet, der hat keine Zukunft mehr. Oben wird geprasst, unten wird bis zum bitteren Ende gespart.
Weder der Bund noch die Länder kennen so etwas wie Finanz-Aufsichtsbehörden. Zwar sind in den jeweiligen Verfassungen Maßstäbe für eine Obergrenze vage formuliert. Aber wenn die Opposition gegen die Regierung erfolgreich vor dem Bundes- oder dem Landesverfassungsgericht klagt, gibt es eine strenge Rüge ohne direkte Konsequenzen. Nicht viel anders sieht es bei den sogenannten Maast-richt-Kriterien auf EU-Ebene aus. Brüssel hat noch in keinem Fall ein Strafgeld verhängt. Dabei ist das Euro-Land Griechenland faktisch pleite und wird nur durch die Solidarität der EU-Partner am Leben erhalten.
Von diesen feinen Tricks der Hochfinanz sind Städte wie Wuppertal, Hagen oder Oberhausen weit entfernt. Sie kämpfen ganz einfach um das tägliche Überleben. Dabei geht es nur noch um die Zuteilung für die Wandfarbe in den Schulen, die gesetzlich vorgeschriebene Abdeckung bei den Kindergartenplätzen und natürlich die Personalkosten. Diese Zeche zahlt aber weder die EU, noch Berlin oder gar Düsseldorf für sie - dieses Geld müssen sie bei den Banken als Kredite aufnehmen. Und wenn sie das machen, dann dürfen sie irgendwann auch keine Auszubildenden mehr einstellen - so sind die Regeln für die ganz unten.
In leider immer mehr Gemeinden sind die Rathäuser die größten Arbeitgeber. Brechen die als Ausbilder komplett weg, wird die Schieflage vor Ort immer größer.