Meinung Verfassungswidrige Sperrklausel - Lehrstunde in Demokratie
Es war schon eine ungewöhnliche riesengroße Koalition, die da in Münster vor dem Landesverfassungsgericht gemeinsam kämpfte und unterging. CDU, SPD und Grüne hatten in der vergangenen Legislaturperiode per Verfassungsänderung im Landtag die Sperrklausel von 2,5 Prozent für die Kommunalwahlen eingeführt.
Dabei hätten sie gewarnt sein können. Juristische Sachverständige hatten in der Anhörung gewarnt: Die Versuchung für die etablierten Parteien, sich Konkurrenz vom Leib zu halten, liege schon strukturell nahe, weshalb die Verfassungsgerichte an dieser Stelle keinen Spaß verstünden. Da sei auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit kein Nachweis höherer Dignität. Will heißen: Allein dadurch, dass sich viele Große zusammentun, um die Kleinen kleinzuhalten, wird eine Entscheidung nicht rechtmäßig. Und schon gar nicht demokratisch.
Der Gedanke an ein schlechtes Gewissen der Landtagsmehrheit lag ohnehin nahe. Schon früher war man mit einer Sperrklausel, die in einem einfachen Landesgesetz geregelt war, in Münster abgeblitzt. Dass aber auch eine in der Verfassung verankerte Regelung selbst verfassungswidrig sein kann, diese Lehre erteilten nun die Hüter der Verfassung dem Landtag. Dieser kann sich mit einer erneuten Sperrklausel nicht einfach auf einen höheren Baum retten, um dort vor jeder Kontrolle sicher zu sein.
Natürlich gab es für die Sperrklausel praktisch nachvollziehbare Argumente. Eine Belastung ehrenamtlicher Ratsmitglieder durch Marathonsitzungen, ausgelöst durch Polit-Exoten in den Räten, konnte aber nicht ausreichend belegt werden. Eine solide Faktenbasis muss man schon verlangen können, wenn die Axt angelegt wird — an das so elementare Demokratieprinzip, wonach jede Wählerstimme den gleichen Erfolgswert haben sollte.