Meinung EU-Beitrittsverhandlungen – Was in Europa zusammengehört

Meinung · Der Bundestag hat der Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien zugestimmt. Jetzt muss es weiter gehen.

Eine Europafahne weht vor dem Europäischen Parlament.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Der Bundestag hat am Donnerstagabend der Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien zugestimmt. Wohlgemerkt, es geht um den Beginn von Gesprächen, noch nicht um die Aufnahme. Beiden Ländern wurde vor mehr als zehn Jahren der Kandidatenstatus gewährt. Die Reformen, die dort passiert sind, zeigen, welche Dynamik allein schon die ferne Perspektive EU entfalten kann. Jetzt muss es weiter gehen. Beide Staaten gehören ohne Wenn und Aber zu Europa. Und, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, auch in die EU.

Die AfD hat dagegen gestimmt. Das zeigt, dass diese Partei sich nicht nur gegen Flüchtlinge oder Muslime richtet. Sondern letztlich gegen alle, die von außen kommen und ärmer sind. Auch gegen Europäer. So mancher AfD-Anhänger mit ungarischem, polnischem oder russischem Migrationshintergrund sollte darüber nachdenken. Auch die Linke war dagegen. Weil der Balkan angeblich vor dem europäischen Turbokapitalismus geschützt werden müsse. Diese Fürsorge ist fast schon kolonialistisch. Keiner hat nach ihr gefragt.

Die letzte Entscheidung fällt im Oktober im Europäischen Rat der Regierungschefs, der einstimmig dafür sein muss. Vor allem Paris ist skeptisch. Wenn die EU die Kandidaten aber jetzt noch abweisen würde, würde eine ganze Generation junger Menschen dort entsetzlich enttäuscht werden. Eine Absage würde ihnen signalisieren: Ihr bleibt Europäer zweiter Klasse.

Werner Kolhoff.

Foto: nn

Es ist richtig, dass gegenüber Albanien härtere Bedingungen gestellt werden, weil das Land hinterherhinkt. Aber mit Verlaub: Albanien ist nicht islamisch, wie viele denken. Und besteht auch nicht aus lauter Hütchenspielern. Es hat enorme Anstrengungen unternommen, um nach der langen Zeit des Steinzeitkommunismus Rechtsstaatlichkeit herzustellen. So wurden alle hohen Richter einer einzigartigen Korruptionsprüfung unterzogen, viele von ihnen entlassen.

Der Bundestag hat am Donnerstagabend der Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien zugestimmt.Wenn Albanien noch etwas mehr Zeit braucht, muss wenigstens mit Nordmazedonien, das schon weiter ist, sofort verhandelt werden. Dort hat die Regierung eine historische Namensänderung durchgesetzt, um den Konflikt mit Griechenland zu beenden – gegen massive innere Widerstände.

Die europäischen Staatschefs sollten bedenken: Auch in den Beitrittsländern lauern Nationalisten auf ihre Chance. Ein Nein gäbe ihnen Futter, was auf dem Balkan besonders gefährlich ist. Es gäbe aber auch den Nationalisten anderswo Auftrieb, hätten sie doch Europa erneut mit Erfolg ausgebremst. Das kann auch Emmanuel Macron nicht verantworten.