Leserbrief von Gereon Vogler

Zu "Jetzt reden alle über Thomas a Kempis" (WZ v. 18.Dezember):

Ich stolperte über die Nachlese in der WZ zur Verleihung einer Thomas-a-Kempis-Stele. Mit einer Ausnahme war dort darüber Begeisterung notiert. Für mich Grund für einen Zwischenruf. Natürlich - die streckenweise glänzende Rhetorik des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert konnte beeindrucken. Aber bereits während der Rede widersetzte sich mir die Logik, nach der sich der Bundestagspräsident die Einmischung kirchlicher und theologischer Vertreter in die Politik verbat. Ferner machte er ebenso deutlich, dass es in der demokratischen Politik lediglich um die Regulierung von Interessenansprüchen gehe, nicht um die Verfolgung von Wahrheit oder Richtigkeiten. Doch wenn Sache der Politik nicht die Wahrheit und Richtigkeiten sein sollen, sondern die Verfolgung der Interessen, käme dann nicht sprichwörtlich erst das "Fressen" und dann die Moral? Die WZ schrieb, Thomas hätte applaudiert, wäre er im Auditorium gewesen. Da bin ich mir nicht so sicher. Das Christentum, ist bei Thomas nachzulesen, hat den Anspruch, bei einer christlichen Lebensgestaltung nichts außen vor zu lassen. Für Thomas wäre es unvorstellbar gewesen, dass man Politik in christlicher Überzeugung betreiben kann, ohne von christlichen Wahrheiten und Richtigkeiten auszugehen. So verlieh der Bundestagspräsident Kempen einen enormen und vielleicht etwas blendenden Glanz. Insofern Dank an Uwe Schummer MdB. Aber inhaltlich lag doch Entscheidendes zwischen dem Preisträger und dem, der als Namensgeber des Preises herhalten musste. Ein zweites Bedenken: Uwe Schummer hat mit der Stele sich selbst zu seinem runden Geburtstag ein Geschenk machen wollen, hat die vergebene und drei weitere Stelen selbst bezahlt und war auch der Einladende zur Preisverleihung. Es ist also unzweifelhaft sein Preis und seine Wahl des Preisträgers gewesen. Insofern finde ich es überraschend, wenn nun andere über die weitere Entwicklung dieses(!) Preises nachdenken wollen. Wenn nun aber viele Menschen und auch städtische Amtsträger in Kempen zu der Ansicht gekommen sein sollten, dass es einen Preis nach Thomas geben sollte, müsste das dann aber auch ein Preis sein, der nicht von einem Einzelnen, sondern von der Stadt, von der Bürgerschaft oder vom Thomas-Verein mit einer öffentlichen Zielvorgabe verliehen wird. Damit hätte man einen wirklich öffentlichen Preis ohne den beklagten Beigeschmack. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder führt Schummer seinen Preis weiter, so wie es ihm recht erscheint. Das ist dann aber weder Sache der Stadt noch der Bürgerschaft. Oder der Preisstifter gibt den Preis ab an ein von ihm unabhängiges Gremium. Es wird nicht mehr sein Preis sein- den hätte er dann tatsächlich gestiftet. Gereon Vogler Buchhandlung Choros Heilig-Geist-Kapelle Buttermarkt 4