St. Tönis: Erste Hilfe nach dem Disco-Prinzip
„Anschauen, ansprechen, anfassen“: So geht man bei Erster Hilfe richtig vor. In der St. Töniser Hauptschule Kirchenfeld soll bald ein Sanitätsdienst etabliert werden.
St. Tönis. Für Mathelehrer Werner Schmittner ist die stabile Seitenlage kein Phänomen später Schulstunden, wenn Müdigkeit oder Langeweile Schüler dazu nötigen, sich auf ihren Tischplatten abzustützen. Nein, der Mann ist nicht nur Kenner des Begriffs aus der Notfallversorgung - der Mann beherrscht die Erste Hilfe tatsächlich wie aus dem Lehrbuch.
Vor seiner Lehr-Tätigkeit hat Schmittner als Krankenpfleger gearbeitet. Was lag also näher für Schulsozialarbeiter Frederik Bovendeerd, als den Fachmann aus dem Kirchenfeld-Kollegium für ein ehrgeiziges neues Projekt an der St. Töniser Hauptschule anzusprechen: Bovendeerd und Schmittner wollen einem Schulsanitätsdienst Starthilfe leisten, ihn ans Laufen bringen und auf Dauer an der Schule etablieren.
Das klappt nicht ohne Schüler. Also folgte ein weiterer Anruf beim dritten Mann im Bunde, ohne den die ersten Hilfe-Schritte schon nicht möglich wären: Christian Baumann vom Referat Schulsanitätsdienste der Malteser in der Diözese Aachen.
Er unterrichtet seit ein paar Wochen 15 Kirchenfeld-Schüler, sechs Mädchen, neun Jungen aus den achten und neunten Klassen. Der 16-stündige Kurs, den die jungen Leute freiwillig einmal in der Woche nachmittags besuchen, geht deutlich über die lebensrettenden Sofortmaßnahmen, die für die Führerscheinprüfung relevant sind, hinaus. Baumann: "Die Schüler müssen sich zunächst bewusst machen, was es heißt, Hilfe zu leisten, also sich zu kümmern, jemanden zu betreuen, einen Not-Ruf zu veranlassen. Selbst ein Pflaster aufzukleben ist Erste Hilfe!"
Baumann paart Theorie und Praxis, geht auf viele Fallbeispiele ein, die die Jugendlichen aus dem Alltag kennen. "Wir spielen die Fälle durch." Die Erste-Hilfe-Schüler sollen dann nach dem Disco-Prinzip vorgehen: "Anschauen, ansprechen, anfassen!" Das war den Kirchenfeld-Schüler wohl noch nicht genug und sie fügten noch "abschleppen" hinzu. "Wenn damit der Hilfstransport gemeint ist, ist das völlig in Ordnung", grinst Baumann, der festgestellt hat, dass die Jugendlichen von Beginn an über viele Kenntnisse verfügten.
Drei von elf Stunden stehen nun noch bevor. "Schon im nächsten Schuljahr wollen wir den Schulsanitätsdienst anlaufen lassen", ist Schmittner zuversichtlich, dass einige der Erste-Hilfe-Kurskandidaten dabei bleiben. Mit ihnen, so hofft er, kann man Konzeption und Dienstplan umsetzen. "Wir müssen gucken, dass das Pflänzchen auch gegossen wird", sagt er.
Wie Bovendeerd ist auch Schmittner überzeugt, dass dieser Dienst die Schule auszeichnen, das Wir-Gefühl stärken und nicht zuletzt auch das Selbstbewusstsein der Schüler stärken wird.
Anreiz stellen auch die Malteser in Aussicht. Christian Baumann verspricht ein Starter-Set mit Grundausstattung, Verbandszeug, Pflaster...
Und auf die Hilfe etwa des Fördervereins der Schule hoffen die Initiatoren auch - sozusagen auf erste Hilfe für Erste Hilfe. Damit nicht nur Werner Schmittner und die 15 Kursteilnehmer wissen, wie eine stabile Seitenlage heutzutage auszusehen hat.