Willich: Ein-Meter-Weckmann ist acht Pfund schwer
Die Bäckerei Greis bereitet die Weihnachtssaison schon im Sommer vor. Der Printen-Teig muss für den Geschmack ruhen.
Willich. Der Adventslied-Klassiker von Rolf Zuckowski "In der Weihnachtsbäckerei" scheint an diesem Morgen in der Bäckerei Greis im Willicher Stadtkern Wirklichkeit geworden zu sein. Während sich die Kunden im Verkaufsraum drängen, um einen Weckmann zum Frühstück zu ergattern, herrscht auch in der Backstube ein reges Treiben. Zwei Meister, vier Gesellen und vier Auszubildende sind dort schwer beschäftigt.
Der Tag beginnt um zwei Uhr nachts
Teig kneten, ausrollen, formen oder backen - jeder hat seine Aufgabe. Die Zutaten befinden sich nicht in Vorratsdosen, die man aus der eigenen Küche kennt. Zucker, Mehl und Butter stehen eimerweise zur Verfügung.
Zig Bestellungen sind in den vergangenen Wochen eingegangen. Dazu kommen spontane Käufer. "Die große Kunst ist es, zu wissen, wie viel man letztendlich braucht", sagt Bäcker und Konditor Thomas Greis. Das größte Projekt des Tages: Der Ein-Meter-Weck mit acht Pfund. Er beansprucht ein Blech für sich alleine.
Mit Augen aus Kirschen und der Pfeife in der Hand kommt er in den Ofen. Dessen vier Etagen bieten genug Platz, um gleichzeitig Verschiedenes zu backen. Die Bleche werden mit einer langen Schaufel reingeschoben, die jeden Pizzabäcker vor Neid erblassen ließe. Ob der Bäckermeister selbst, die Gesellen oder die Auszubildenden - alle sind nach einem langen Arbeitstag mehlbestäubt, aber sehr zufrieden mit ihrem Werk.
"Mein Tag beginnt um zwei Uhr nachts. Dann stehe ich auf", sagt Meister Ludwig Greis. "Heute haben wir aber die ganze Nacht durchgearbeitet." An der Wand hängt der Backzettel: Für das ungeübte Auge kaum verständlich, was dort für den Tag geplant ist, doch Sohn Thomas Greis weiß Bescheid. Er ist schließlich schon die fünfte Generation in der Bäckerei und hat den Alltag in der Backstube von der Pieke auf gelernt. Spekulatius, Makronen, Marzipan, Gewürzapfelkuchen, Lebkuchen, Pralinen und Zimtsterne - eine ganze Palette an Weihnachtsgebäck, das neben den anderen Angeboten in der Adventszeit auf dem Verkaufstresen landet. Bei der großen Auswahl kann man mit den Zutaten schon mal durcheinander kommen. Doch es ist vorgesorgt: Ein dicker Ordner mit Weihnachts-Rezepten steht bereit.
Alles ist hausgemacht nach einer 150-jährigen Tradition, über die Jahre hinweg immer wieder verfeinert worden. "Wir setzen uns damit bewusst von den Supermärkten ab", erklärt Ludwig Greis. "So beginnt bei uns die Weihnachts-Saison auch nicht im September, sondern erst an Allerheiligen." Die Vorbereitungen aber fangen schon ein halbes Jahr vorher an. "Der Teig für Printen muss zum Beispiel so lange ruhen, um die Geschmacksstoffe zu entwickeln", sagt Thomas Greis. Dieses Gebäck gehört neben Stollen und Butterspekulatius zu den persönlichen Favoriten von Vater und Sohn. Da kann es manchmal ganz schön schwer fallen, im Schlaraffenland der Backstube nicht zu naschen.