Projekt: Baustein-System gegen Übergewicht

Gesunde Ernährung bei körperbehinderten Kindern steht im Zentrum eines neuen Konzepts an der Therapieklinik.

Osterath. Am Anfang stand für Kinderarzt Matthias Florian und das sich um ihn herum bildende Team die Überlegung, dass Behinderten bei all den Diskussion um eine zunehmende Fettleibigkeit bei Kindern irgendwie kaum Beachtung geschenkt wird.

Dabei zählen doch gerade Heranwachsende, die in ihrer Mobilität stark eingeschränkt sind, zu einem Personenkreis, der mangels ausreichender Bewegung schnell dazu neigt, Kilos anzusetzen.

"Was wir entwickelt haben, ist nicht alles neu, sondern baut im Wesentlichen auf den Erkenntnissen der Mischkost auf", erklärt Matthias Florian, der mit neun weiteren Kollegen der Abteilung Neuropädiatrie an der Reha-Klinik, die alle auf ganz unterschiedlichen Gebieten Experte sind, ein Baustein-System entwickelt hat, das heute im Rahmen der Messe Rehacare in Düsseldorf erstmals vorgestellt wird.

"Es geht dabei um verschiedene Maßnahmen, die zum einen auch einzeln zu Erfolgen führen, und zum anderen auf die jeweilige Behinderung abgestimmt sein müssen", erläutert der Kinderarzt. Die individuelle Ernährungsberatung für Kinder und ihre Eltern mache nur Sinn, wenn gleichzeitig der Facharzt für Kindermedizin hinzugezogen werde, der zum Beispiel bei einer zusätzlichen Stoffwechselerkrankung wichtige Tipps geben kann.

In Koch- oder Frühstücksgruppen könne man sich der Thematik ganz ungezwungen und spielerisch annähern. Pädagogen oder auch Psychogen könnten darüber hinaus erzieherisch wie motivierend einwirken.

"Und auch auf Sport muss ein Behinderter natürlich zumeist nicht verzichten, es geht nur darum, das Richtige zu finden", betont Florian. "Kinder, die etwa auf einen Rollstuhl angewiesen sind - auch wenn das nach einem Unfall nur für einen bestimmten Zeitraum der Fall ist - neigen schnell zu Desillusion", weiß der 39-Jährige aus Erfahrung. Als naheliegende Frustbewältigung würden nicht selten so genannte Fressattacken dienen - was zwangsläufig zu Übergewicht führe.

Wichtig: "Wir wollen niemanden stigmatisieren, ihm das Komplettpaket aufzwingen und schon gar nicht Verbote aussprechen", so Florian. Nach dem Ampelsystem seinen Speisen mit grünem Punkt zwar zu bevorzugen, Rot heiße aber nicht zwangläufig "Hände weg", sondern allenfalls "Nicht so viel davon". Eine gewisse Gruppendynamik bei ebenfalls betroffenen Patienten gleichen Alters sei dann oft der letzte Baustein, der auch für Behinderte zu einem neuen Körper- und Ernährungsbewusstsein führen würde.

Vor einem Jahr hat das Osterather Team damit begonnen, das Konzept zu entwickeln, seit gut einem halben Jahr wird es bereits mit Erfolg an der Therapieklink umgesetzt. Bisher allein bei stationären Aufenthalten, "aber es ist natürlich unser Wunsch, das auch nach außen zu tragen", erklärt Florian.