Kaarst: Genähtes Selbstbewusstsein
Bis zum 1.April sind in der VHS Fahnen aus Ghana zu sehen. Auf ihnen sind symbolhaft Sprichwörter dargestellt.
Kaarst. Was haben heimische Schützen und Krieger aus Westafrika gemeinsam? Ähnlich wie die Bruderschaften im Mittelalter ihre Dörfer vor Übergriffen umliegender Landesherren oder Räubern schützten, wehrten sich die Asafo, die Männerkompanien, in Ghana gegen Angreifer.
Bereits im 15. Jahrhundert hatte das westafrikanische Volk der Fante Kontakt mit Portugiesen und Spaniern, die an den Küsten befestigte Niederlassungen bauten. Zunächst wurde mit Gold, später mit Elfenbein und dann vor rund 200 Jahren mit Sklaven Handel getrieben. "Dabei bekriegten sich die Dörfer gegenseitig, versuchten, bei Überfällen Männer zu rauben, die als Sklaven verkauft wurden", berichtet Hans-Peter Krull.
Jedes Dorf hat heute noch seine eigene Fahne, eine Idee, die sie von den Europäern übernommen haben. "Auf ihnen werden Sprichwörter abgebildet, die von jedem verstanden werden und meist Warnungen für die Angreifer enthalten. Jede Fahne ist eine Art genähtes Selbstbewusstsein", erläutert der Biologielehrer des Albert-Einstein-Gymnasiums.
Auf seinen Reisen hat er seit 2002 rund 70 Fahnen gesammelt. 27 sind bis zum 1. April in der Ausstellung "Die Fahnen der Krieger" im VHS-Haus Kaarst zu sehen. Die älteste ist über 100 Jahre alt. "Es war gar nicht so einfach, an die Fahnen zu kommen. Dabei ist es leichter, alte zu erwerben als neue", erklärt Krull. Noch heute werden sie hergestellt und bei Festen mit Tänzern präsentiert. "Auch solche Feierlichkeiten ähneln in gewisser Weise unserem Schützenbrauchtum", sagt Krull. Wenn er im Sommer mit Schülern für ein Brunnenprojekt nach Ghana fliegt, hofft er, seine Sammlung auf 100 aufzustocken.
Die Fahnen werden in Schreinen aufbewahrt. Sie sind meist recht ähnlich gestaltet: in einer oberen Ecke befindet sich eine Flagge, früher der Union-Jack, heute meist die Flagge Ghanas (rot, gelb, grün mit einem schwarzen Stern), manchmal ein Logo des Fahnenmachers. Auf den Textilien tauchen oft ähnliche Symbole auf: wie Schlüssel für Macht oder ein Stern für Gott oder Tiere. Sie werden mit Hilfe von Schablonen ausgeschnitten und an gleicher Stelle auf Vor- und Rückseite genäht. Eine Fahne zeigt zwei Figuren und einen Anker. "Wir geben dem Staat halt, sind mit ihm verankert und schützen ihn", erläutert Krull. An der jeder Fahne wird das gezeigte Sprichwort erläutert.