Neuss: die letzten Tage der alten Rennbahn

Das Da Capo ist geschlossen, der Rennverein zieht um. Bald rollen die Bagger an.

Neuss. Es gilt, Abschied zu nehmen. Die letzten Tage der "alten" Rennbahn brechen an, vieles wird sich verändern. Nachdem der Rat die Umgestaltung des Areals samt der Erschließung der Innenfläche beschlossen hat, rücken noch im Oktober die Bagger an.

Noch immer kündigt das Plakat an der Hammer Landstraße den Renntag vom 26.März an. Auf ein neues Plakat wird man warten müssen. Die Wintersaison 2008/09 fällt aus; unmöglich, ein Rennen während der Bauarbeiten zu organisieren. Wie es überhaupt weitergehen wird mit dem Rennsport in Neuss, ist eine große, öffentlich kaum diskutierte Frage.

Skeptisch sieht das jedenfalls Horst Steinmetz, Doyen der Rennbahn-Trainer, der mit 24 jungen Pferden arbeitet. Früher waren es doppelt so viele. Seit mehr als 30 Jahren ist Steinmetz im Geschäft, seit 1995 an der Rennbahn. 2005 gewann der von ihm trainierte Nicaron das Hamburger Derby.

Ans Aufhören denkt der 75-Jährige nicht, zumindest nicht aus Altersgründen. Wie es aber weitergehen soll an der Rennbahn, kann er sich nicht so recht vorstellen.

Vieles kommt zusammen. Pferdebesitzer geben aus wirtschaftlichen Gründen auf, die Wetteinnahmen brechen ein und entziehen dem Rennsport eine Grundlage. Dazu nun die Pläne der Stadt, den Innenraum für Spaziergänger und Sportler zu erschließen.

Training, so Steinmetz, funktioniere nur, wenn der Innenraum gesperrt bleibe. Bis gegen 12Uhr müsste das so sein. Ob das klappt? Ob durch die angestrebte intensivere Vermarktung des Geländes und zusätzliche Veranstaltungen noch Raum für den Galoppsport bleibt? Steinmetz sieht wenig Fürsprecher in der Politik.

Aber, so bekennt er bitter, "wir sind auch in einer schwachen Position." Und so schickt er auch an diesem regnerischen Morgen wieder seine Reiter und Pferde auf die Bahn. Das Training während der Bauarbeiten macht ihm übrigens keine Bauchschmerzen. Nur das, was danach kommt.

Am anderen Ende der Bahn sind die Auswirkungen der Planungen schon deutlicher. Im Büro des Reiter- und Rennvereins sitzt Eva-Maria Amdohr zwischen alten Akten und Umzugskisten. Die Umstellung der Telefonanlage hat nicht geklappt, sonst wäre der Rennverein schon raus aus seiner Bude und am Übergangsquartier Floßhafenstraße6 eingezogen.

Das Büro, offiziell "Verwaltungsgebäude", wird ebenso abgerissen wie Tribüne, Wettbüro oder Da Capo. Auch dort wird gepackt. Das Restaurant ist geschlossen. Michael Erb, der mit seiner Frau Gabriele vor zwei Jahren das Da Capo übernommen hat, geht mit Wehmut. "Es fing gerade an, so gut zu laufen." Die alte Wetthalle, die stehen bleibt, betreut er weiter, setzt auf Veranstaltungen von Stunk bis zu Schülerpartys.

Und wenn einmal das neue, schicke Gebäude anstelle der alten Tribüne steht, will er neuer Gastronomiebetreiber werden. "Meinen Hut habe ich schon in den Ring geworfen", sagt er.

Die Abrissarbeiten jedenfalls werden später als geplant am 22.Oktober beginnen, einen Tag nach der Ausschusssitzung, auf der die Politiker noch der Vergabe zustimmen müssen. Für Mitte November 2009 hat der Rennverein den ersten Termin zur neuen Saison angemeldet. Ob das zu halten ist, mag Geschäftsführer Bernd Koenemann nicht sagen. "Ich enthalte mich da jeglicher Spekulation."