Neuss: Hansefest im Baustellengewand
Ein Sonnen- und ein Regentag: Einige Besucher vermissen Traditionelles.
Neuss. Allzu voll ist die Stadt nicht. Auf seinem Weg von der Krefelder Straße zum Markt gelangt der Hansefestbesucher gemütlich am entgegenkommenden Besucherstrom vorbei. Auch die Großbaustelle in der Neusser City wird nur manchmal zum Engpass. "Es könnte besser sein", räumt Birgit Feldmann an ihrem Süßigkeitenstand am Markt ein.
Schönste Herbstsonne und erträgliche Temperaturen - am Samstag hätten die Händler mit mehr Kunden gerechnet. "Ich muss aber sagen, dass die Zusammenarbeit mit der Stadt und der Veranstaltungsagentur Orion aus Grevenbroich optimal gelaufen ist", betont Feldmann.
Für sie ist die Teilnahme am 20. Hansefest eine Premiere. Sonst verkauft sie in Bergheim. "Ganz toll finde ich, dass es hier keine Ramsch-Stände gibt. Das sorgt für gute Atmosphäre."
Vernichtend hingegen fällt das Urteil eines 50-jährigen Schützenbruders aus, der seinen Namen lieber nicht nennen möchte. "Erbärmlich, was aus dem Hansefest geworden ist!", schimpft er.
"Vor drei, vier Jahren gab es insbesondere für Kinder noch Handwerker und Gaukler, die auch mal was Traditionelles geboten haben. Jetzt ist hier doch nur alles Kommerz." Wie es abends sei, wisse er nicht: "Ich habe von meinen Kumpels gehört, dass die Jazz-Veranstaltung im Börsencafé gut gewesen sein soll."
Gerda Krätzer (67) und Marlies Vogel (68) sind aus Kaarst angereist. Sie genießen die Darbietungen der Tanzschule Görcke. Auf der Bühne am Markt fordert Lehrer Daniel Stuppy sechs Pärchen zum Rumba auf. "Das ist nett", sagen die Damen, "aber was hat das mit der Hanse zu tun?"
Auch sie hätten mehr Traditionelles und Themenbezogenes erwartet. "Außerdem stört es schon, dass das Fest an verschiedenen Plätzen stattfindet. Stimmung kann da kaum aufkommen", meint Krätzer.
Wegen der Großbaustelle hatten die Veranstalter die Highlights des Festes auf Markt, Freithof, Münsterplatz, Hamtorwall, und Alte Post aufgeteilt. Patrizia (36) und Norbert (37) Breidel sind mit Sohn Timo (4) gerade auf der Suche nach Kinderbelustigungen. "Wir wären auch mit Hüpfburg oder Kinderschminken zufrieden", sagen sie. Auf dem Münsterplatz könnten sie fündig werden.
Dort fährt eine Dampfeisenbahn, es dreht sich ein Karussell, Kinder springen auf dem Bungee-Trampolin und reiten auf Ponys. Stephan Liese wartet auf seine Söhne Kevin (10) und Marcel (11). Die beiden vergnügen sich auf dem Trampolin.
"Mal abgesehen davon, dass 5 Euro pro Springer ganz schön happig sind, vermisse ich Bands wie One Night Stand’ oder die Queen-Cover-Band, die hier schon mal gespielt hat. Das Angebot auf dem Hansefest war früher besser", kritisiert der Papa.
Eine Gelegenheit, sich zu amüsieren, finden die Besucher auf dem Programm und der Marktplatzbühne, die Schlagersänger Andreas Köhler und "Abba Magic" später stürmen.
Am Sonntag dann machten es der Regen und die Kälte den Besuchern schwer. Darunter litt auch die Modenschau der ortsansässigen Geschäfte. Was Heinemann, C&A, Bayer Moden und das Brautstudio "L’amour" zeigten, fand bei den tapferen Hansefest-Fans dennoch Beachtung.