Neusser Schauspielerin berichtet aus Hollywood Neusserin berichtet aus Hollywood

Neuss · Die Neusserin Anna Platen lebt als Schauspielerin in Hollywood. Als dort das Feuer ausbrach, bekam sie einen Evakuierungsbefehl und musste ihr Haus mit ein paar Sachen in der Hand verlassen. Nun konnte sie zurück, doch die Alarmbereitschaft bleibt.

Als Anna Platen dieses Foto machte, lag die Stadt bereits unter einer großen Aschewolke.

Foto: Anna Platen

Ihre Sachen hat Anna Platen gepackt, das Auto vollgetankt und einen Wasserkanister eingeladen: Sie ist bereit, bereit für den Moment, wenn das Feuer zurückkommen sollte und sie erneut das Haus verlassen muss.

Vor drei Jahren ist die 29-jährige Neusserin nach Los Angeles gezogen. Dort arbeitet sie als Schauspielerin und lebt in einem Haus in West-Hollywood. In den vergangenen Tagen hat sie die Stadt in einem nie da gewesenen Ausnahmezustand erlebt. „Man kann die Panik, in der sonst so entspannten Stadt, überall spüren“, erzählt sie, „es herrscht eine unangenehme Stimmung.“

Seit Tagen wüten in Los Angeles gewaltige Feuer, es sind verheerende Bilder, die die Nachrichten bestimmen. Joe Biden, der noch wenige Tage als US-Präsident im Amt ist, bezeichnete die Brände als die schlimmsten in der Geschichte Kaliforniens.

Anna Platen aus Neuss arbeitet als Schauspielerin in Hollywood.

Foto: Jahnam Vie

Gut erinnert die 29-Jährige sich, wie alles begann. Als sie am Dienstag (Ortszeit) in den Tag startete, habe sie angezeigt bekommen, dass es stürmisch werden würde. „Ich war mit einer Freundin in den Hollywood Hills spazieren. Es war noch nie so windig“, erzählt sie. Am Himmel habe sie riesige dunkle Wolken gesehen und später seien neben den großen, schwarzen Wolken auch Flammen in weiter Ferne aufgetaucht. „Das war noch nicht ungewöhnlich. Es kann vorkommen, dass es in Malibu Waldbrände gibt. Noch war niemand in großer Sorge.“ Auch sie habe gedacht, dass das Feuer sicher schnell unter Kontrolle gebracht sein würde.

Doch das Gegenteil war der Fall. Die Trockenheit und der Sturm sorgten für eine rasante Verbreitung, die Flammen schlugen auf Wohngebiete über. Als Anna Platen einen Tag später ihren Bruder zum Flughafen brachte, sei ihr der Rauch aufgefallen, der überall in der Luft hing, die Sonne sei rot wie ein Feuerball gewesen. „Mit Nachbarn haben wir uns über die Situation unterhalten. Da dachten wir noch, dass das Feuer weit weg ist und es, wenn überhaupt, noch ein bis zwei Tage braucht, bis es bei uns ist.“

Dunkle Wolken verdecken den Himmel über Hollywood.

Foto: Anna Platen

Noch am selben Tag brach dann auch das Feuer in den Hollywood Hills aus – das sogenannte „Sunset Fire.“ „Wir haben auf unseren Handys einen Alarm für alles Mögliche, um 6 Uhr abends erhielten wir dann plötzlich den Evakuierungsbefehl“, sagt Anna Platen. „Unmittelbare Lebensgefahr. Dies ist eine gesetzliche Anordnung, das Gebiet jetzt zu verlassen“, erklärte die Feuerwehr von Los Angeles am Mittwoch (Ortszeit). „Darauf war ich überhaupt nicht vorbereitet, ich habe zwei bis drei Sachen mitgenommen“, erzählt Platen. Später sei sie noch einmal umgedreht, weil sie Erinnerungsstücke mit emotionalem Wert und Dokumente vergessen hatte.

Auch bei der Evakuierung sei Panik spürbar gewesen: „Wenn in einer dicht besiedelten Gegend alle auf einmal aufbrechen, ist es das absolute Chaos. Alle fahren wie verrückt. Hier ist es so, entweder sieht man kein Auto auf der Straße oder alle auf einmal.“ Anna Platen wurde von einer Freundin aufgenommen, die auch in Los Angeles lebt, aber in keiner Evakuierungszone wohnt.

Große Wolken zogen über dem Venice Beach auf.

Foto: Anna Platen

Andere Freunde von ihr seien ebenfalls evakuiert worden, einige hätten sich in Palm Springs oder San Diego in Sicherheit gebracht. Über eine App hat Anna Platen das nahende Feuer gesehen: „Irgendwann war es nur noch zwei Blocks von meinem zu Hause entfernt.“

Doch der Wind ließ nach, das Feuer in den Hollywood Hills konnte unter Kontrolle gebracht werden und Anna Platen durfte zurück in das unbeschadete Haus ziehen. „Jetzt gilt für uns nur noch eine Evakuierungswarnung“, sagt sie. Das heißt: In ständiger Bereitschaft sein, die Koffer gepackt lassen. Im Gegensatz zu den Vortagen habe sich die Lage in ihrer Umgebung beruhigt, berichtet die Schauspielerin. Doch von einem Alltag könne keine Rede sein. Straßen seien verwüstet, Bäume, Müll und Äste lägen auf der Straße, Asche bedecke Häuser, Autos und Straßen. Viele Haushalte seien ohne Strom. „Man hat ständig den Gestank von Feuer in der Luft“, sagt Anna Platen. Die Schulen hätten geschlossen, Restaurants und Hotels seien dagegen geöffnet. „Einige bieten kostenloses Essen an und Air B’n’B Wohnungen stellen gratis Unterkünfte zur Verfügung“, erzählt die 29-Jährige. Von Stromausfall sei sie nur in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch (Ortszeit) betroffen gewesen. Es gäbe aber auch eine Warnung, das Wasser aktuell nicht aus der Leitung zu trinken.

Blutrot zeigte sich die Sonne am Dienstag (Ortszeit) über dem Venice Beach.

Foto: Anna Platen

Jeden Tag denkt Anna Platen, dass es bald vorbei sein muss. „Anscheinend bin ich noch hoffnungsvoll genug, sonst wäre ich schon weg.“ Ein Gedanke, der ihr schon jetzt zu schaffen macht: Wie wird die Zeit danach aussehen? „Es sind so viele Menschen zu Schaden gekommen, es ist so viel verwüstet, Tausende haben ihre Häuser verloren. Mir tut es so leid für die Menschen, die betroffen sind und auch für die Tiere. Ich wohne hier eher städtisch. Aber gerade in den ländlichen Bereichen, wo das Feuer ist, gibt es viele Besitzer, die ihre Tiere zurücklassen mussten.“

Gleichzeitig merkt sie auch, dass aktuell eine große Hilfsbereitschaft zu spüren ist. „Wir müssen jetzt alle zusammenhalten – auch nach der Katastrophe.“