Projekt von „Neuss hilft“, Johannitern und Rheinpark-Center Rollende Arztpraxis für Obdachlose
Neuss · Ein Bündnis von Johanniter Unfallhilfe, dem Verein „Neuss hilft“ und dem Rheinpark-Center hat ein Modell zur medizinischen Betreuung von Wohnungslosen getestet. Jetzt soll das Projekt verständigt werden, benötigt aber fortlaufend Unterstützung.
Es bleibt kalt in der Stadt. Noch bis weit in die kommende Woche hinein lässt der Wetterbericht Temperaturen erwarten, die nur wenig über die Frostgrenze hinauskommen. Schlechte Zeiten für Obdachlose, in die eine gute Nachricht fällt: „Er rollt“.
Mit „er“ ist der Sattelzug der Johanniter Unfall-Hilfe (JUH) gemeint, der eine mobile Unfall-Hilfsstelle am Haken hat. Diese rollende Arztpraxis wurde in den vergangenen Wochen an zwei Orten getestet, an denen sich Obdachlose aufhalten. Und auch wenn die Zahl der Menschen, die sich dort behandeln lassen wollten, noch klein war, wie Richard Krings als JUH-Regionalleiter zugibt, war deren Dankbarkeit doch in jedem Einzelfall spürbar groß. So kann Petra Lennertz vom Verein „Neuss hilft“, einem der Partner der Johanniter bei diesem Obdachlosenprojekt, bereits vor der für Freitag angesetzten endgültigen Auswertung des Testlaufs versichern. „Es geht auf jeden Fall weiter.“
Die rollende Arztpraxis schließt eine Lücke im Angebot für diese Menschen, die, wie es Schützenkönig Bert Römgens als Schirmherr ausdrückt, aus Scham nicht so gerne Arztpraxen aufsuchen. Und deren Zahl steigt, wie noch im November im Sozialausschuss übereinstimmend festgestellt wurde. Krings ist sogar überzeugt, dass die amtlichen Daten der Sozialverwaltung zu dieser Gruppe und die Ist-Situation, die er beim Gang durch die Innenstadt beobachtet, deutlich voneinander abweichen. „Es sind immer mehr Wohnungslose geworden“, fasst Krings sein Lagebild zusammen.
Das Thema kommt deshalb am 19. März, wenn der Sozialausschuss in diesem Jahr erstmals tagt, mit ziemlicher Sicherheit wieder auf die Tagesordnung. Denn das Gremium hatte in seiner letzten Sitzung vor dem Jahreswechsel einstimmig dafür votiert, angesichts steigender Wohnungslosenzahlen die Hilfsangebote ausweiten zu wollen. SPD und Grüne hatten dabei konkret bessere Betreuungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten für diese Personengruppe beantragt, die bis zur nächsten Sitzung von der Verwaltung durchkalkuliert werden müssen.
Öffnungszeiten im Café Ausblick sollen erweitert werden
Auf dem Tisch liegt jedenfalls die Idee, die Öffnungszeiten im Cafè Ausblick der Caritas, einer Anlaufstelle während der Tagesstunden, auszuweiten. Das würde die zeitliche Lücke bis zu dem Punkt schließen, an dem die städtische „Hin- und Herberge“ am Derendorfweg, eine Notschlafstelle nur für Männer, öffnet. Die war bei strengem Frost schon in der Vergangenheit früher geöffnet worden. Zudem wurde von den Gästen bei strengem Winterwetter auch nicht verlangt, sie morgens sofort wieder zu verlassen.
Am Derendorfweg gab es in der Vergangenheit auch regelmäßige Sprechstunden eines niedergelassenen Arztes, der sich aber von dieser Aufgabe altersbedingt zurückgezogen hat. Das war schon bekannt, als sich die Johanniter mit der Frage beschäftigten, eine weitere soziale Dienstleistung aufzubauen. Schnell war klar, dass sich diese in die Wohnungslosenszene wirken sollte. „Wir wollten aber nicht die fünfte Stelle sein, die Schlafsäcke ausgibt“, sagt Richard Krings. So wurde bei der Stadt angefragt, wo sie den größten Bedarf erkennt – und die wies auf die medizinische Versorgung als dringlichstes Problem hin. Das passte ins Konzept der Johanniter. „Sanitätsdienst gehört zu unserer DNA“, sagt Krings.
Partner waren schnell gefunden. „Neuss hilft“ ist dabei, weil der Verein nicht nur in der Ukraine humanitäre Hilfe leisten will, sondern über ihr Projekt „Wärme schenken“ auch in Neuss. Das Rheinparkcenter bot an, sich mit Sachspenden zu beteiligen, und ein Netzwerk von Ärzten, die mitmachen wollen, gibt es nach Darstellung von Krings und Römgens inzwischen auch. So konnte der Sanitätstruck der Johanniter mit seinem aufsuchenden und ambulanten Angebot schon zwei Mal eingesetzt werden. Einig sind sich die Partner, dass dieser medizinische Dienst mit Spenden finanziert und ehrenamtlich geleistet wird. Die Hutsammlungen beim Neujahresempfang der SPD und beim Neujahrskonzert zeigen, dass es dafür Unterstützung gibt.