Glaube Rheinische Kirche rüstet sich für radikale Veränderungen
Düsseldorf · Der Schrumpfungsprozess der Kirchen geht weiter. Die evangelische Kirche im Rheinland fordert von ihren Gemeinden viel Flexibilität. Auch das Missbrauchs-Thema ist längst nicht aufgearbeitet.
Die Evangelische Kirche im Rheinland bereitet sich angesichts sinkender Mitgliederzahlen auf weitere einschneidende Veränderungen vor. Bei der Synode der zweitgrößten Landeskirche in Deutschland sollen Vorschläge zur Zukunft der Kirche einen Schwerpunkt bilden. Die mehr als 190 Mitglieder des Kirchenparlaments tagen vom 2. bis 7. Februar in Bonn. Der rheinische Präses Thorsten Latzel hatte von einem „tiefgreifenden Transformationsprozess“ der Kirche gesprochen.
So gibt es Latzel zufolge etwa Überlegungen, in großen Städten wie Düsseldorf oder Essen aus den noch zahlreichen Ortsgemeinden eine einzige Gemeinde zu machen. Die Gemeindeformen sollen nach Worten Latzels flexibler werden, um dichter bei den Menschen zu sein. Dazu wird eine Vorlage bei der Synode erwartet. Schon bei der Synode im vergangenen Jahr waren Reformen beschlossen worden. So wurden die Regeln für Gottesdienste, Taufen, Trauungen und das Abendmahl gelockert.
Finanzlage wird angespannter
Zwar verzeichnete die rheinische Kirche für 2024 wieder ein Plus bei den Kirchensteuereinnahmen um insgesamt fünf Prozent, und der Jahresabschluss war noch ausgeglichen. Für 2025 und 2026 geht die Landeskirche noch von einem gleichbleibenden Kirchensteueraufkommen aus. Jedoch muss nach Angaben von Finanzchef Henning Boecker wegen steigender Personalkosten auf die freien Rücklagen in Höhe von der derzeit etwa 110 Millionen Euro zurückgegriffen werden. Dieses Jahr sollen voraussichtlich acht Millionen Euro und 2026 dann 18 Millionen Euro entnommen werden.
Missbrauch wird aufgearbeitet
Auch das Thema Missbrauch wird die Synode begleiten. Ein Jahr nach Veröffentlichung der bundesweiten Forum-Studie hat sich die Zahl der gemeldeten Missbrauchsfälle im Bereich der rheinischen Kirche erhöht. Bis Ende 2024 gingen 124 Meldungen aus allen Ebenen ein. In der Studie waren erst 70 Verdachtsfälle im Bereich der rheinischen Kirche seit 1946 dokumentiert.
Die 124 Verdachtsmeldungen beziehen sich 110 Beschuldigte. In 33 Fällen handelt es sich um Theologen - fast alle Pfarrer. Bei anderen Meldungen geht es um Mitarbeiter der Kirche oder Ehrenamtliche. Im März soll eine unabhängige Regionale Aufarbeitungskommission für die rheinische, westfälische und die lippische Kirche sowie die gemeinsame Diakonie ihre Arbeit aufnehmen.
Menschenrechte - und nicht Remigration
Auf Vorschlag der evangelischen Jugend wird die Synode auch über Rassismus diskutieren. Präses Latzel hatte die Forderung der AfD nach „Remigration“, also Rückführungen im großen Stil, verurteilt. Das ganze Gerede von Remigration sei nichts anderes als gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Es gebe keine Deutschen erster und zweiter Klasse. Es gebe aber Menschenrechte. „Wir erleben, dass die Demokratie unter Druck ist und ein völkisch-nationaler Rechtspopulismus erstarkt“, hatte Latzel gewarnt.
Die Landessynode ist das oberste Leitungsgremium der rheinischen Kirche, die mit rund 2,1 Millionen Mitgliedern die zweitgrößten Landeskirche in Deutschland ist. Die rheinische evangelische Kirche umfasst 37 Kirchenkreise in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland.
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