Meinung Krankmeldung per WhatsApp - Wann Telemedizin an seine Grenzen stößt
Meinung · Dass das sogenannte Fernbehandlungsverbot im vergangenen Jahr gelockert wurde, ist richtig. Längst nicht immer erscheint es zwingend, dass ein Arzt einen Patienten persönlich untersucht haben muss, bevor er Telemedizin einsetzen darf.
Erstdiagnosen via Telefon oder Bildschirm erleichtern vielen Patienten das Leben.
Zum Beispiel Landbewohnern, die wegen medizinischer Bagatellen oft große Strecken bis zur nächsten Arztpraxis zurücklegen müssen. Oder Berufstätigen, die keine Zeit haben, stundenlang im Wartezimmer zu verbringen. Oder Älteren, für die der Weg zum Arzt eine große Anstrengung bedeutet. Telemedizin spart Zeit und Geld. Und sie könnte ein geeignetes Mittel sein, den in vielen ländlichen Regionen schon vorhandenen oder absehbaren Ärztemangel abzumildern.
Telemedizin stößt aber auch an Grenzen. Zum Beispiel, wenn es um die Krankschreibung per WhatsApp geht. Das neue Angebot eines findigen Hamburger Unternehmers lädt zum Missbrauch ein. Wer vorgibt, erkältet zu sein und ein Foto seiner Versichertenkarte schickt, bekommt sofort die gewünschte Bescheinigung. Eine seriöse Prüfung kann nicht stattfinden. Kein Wunder, dass die zuständige Ärztekammer das nicht hinnehmen will. Sehr fraglich ist auch, ob die Arbeitgeber solche Bescheinigungen akzeptieren oder die Lohnfortzahlung verweigern. Vermutlich müssen Arbeitsgerichte das entscheiden.
Mit Sicherheit werden die Angebote gewerblicher Anbieter zunehmen, die die Möglichkeiten der Fernbehandlung für sich nutzen wollen. Das kann zum Wohle der Patienten sein. Aber Vorsicht ist geboten. Wir brauchen einen politischen Diskurs, wo die Grenzen des technisch Machbaren liegen sollen. Triebfeder neuer Angebote ist die Aussicht, Geld zu verdienen. Für den Schutz der Patienten müssen Gesetze sorgen. Das gilt auch für persönliche Krankheitsdaten. Konzerne wie Google und Microsoft stehen bereit, auch hierzulande bei der Telemedizin mitzumischen.