Iran: Das Mullah-Regime vor dem Ende?
In den Straßen Teherans fließt Blut, es brennen Barrikaden und Polizeistationen, und nicht wenige hoffen auf eine Revolution wie diejenige, die vor 30 Jahren eben dieses Mullahregime an die Macht brachte, das jetzt an seinen eigenen Widersprüchen zu zerbrechen scheint.
Denn längst geht es vielen der Demonstranten nicht mehr um den Protest gegen eine angeblich gefälschte Wahl. Wichtige Teile der Bevölkerung, und sei es insgesamt nur eine Minderheit, wollen vielmehr in einem Staat einfach nicht mehr leben, der unter dem Deckmantel religiöser Werte ihr Leben bis hinein ins Private gängelt und zugleich wirtschaftlich keine Perspektive bietet. Steht die "Islamische Republik" also vor ihrem Ende?
Sicher scheint derzeit nur, dass die Lage auf eine gewaltsame Konfrontation zusteuert. Doch die kann die Opposition nur gewinnen, wenn die Machtzentren der herrschenden Theokratie, die sich gewiss ebenfalls auf breite Teile der Bevölkerung stützen kann, so zerstritten sind, dass sie zu keinem Kompromiss in der Lage sind.
Das schien in der vergangenen Woche ganz offensichtlich der Fall: Der Machtkampf tobte nicht nur auf der Straße, sondern auch im Regime selbst. Haschemi Rafsandschani, einflussreicher Chef des "Expertenrats" und der Mann hinter Oppositionsführer Hussein Mussawi, mobilisierte den islamischen Klerus gegen Mahmud Ahmadinedschad.
Mussawi selbst droht zur tragischen Figur zu werden: Er ist die Galionsfigur einer Bewegung, die er so nicht wollte, und viele derer, die seine grünen Bänder tragen, wollten eigentlich weder ihn noch Ahmadinedschad.
Im Freitagsgebet hat Revolutionsführer Chamenei, ein Ziehvater Ahmadinedschads, sein Machtwort gesprochen - die nächsten Stunden und Tage werden zeigen, ob es wirkt.
Wenn nicht, könnte tatsächlich das gesamte System zusammenbrechen. Nicht an der Gewalt der Straße, sondern an der Unfähigkeit und der mangelnden Legitimität der herrschenden Mullahs.
Aber selbst wenn sich die Mächtigen in Teheran wieder zusammenraufen sollten - wofür manches am Sonntag zu sprechen schien -, welchen Staat können sie noch machen mit einer Jugend, die sich innerlich schon längst und so radikal von ihnen verabschiedet hat?