Offene Ateliers: Zu Besuch bei Künstlern

Nettetals Kreative zeigen ihre Werke dort, wo sie entstehen. Die zahlreichen Besucher werden überall herzlich empfangen.

Nettetal. Zum Höhepunkt der diesjährigen Nettetaler Kunstszene öffneten am Wochenende zahlreiche Künstler ihre Ateliers für neugierige Besucher. Ob unterm Dach mit Ausblick auf den Windmühlenbruch, in einem Nebenraum bei Verwandten oder im umgebauten Gartenhaus: Überall, wo Maler, Bildhauer und Co. tätig sind, wurde man mit Kaffee und meist auch Kuchen empfangen, konnte mit den Künstlern über ihre Werke plaudern und Kunst in allen Facetten kennen lernen.

In Hinsbeck haben Manfred Mangold und Heinz Lanser ihre Atelierpforten geöffnet. Lansers Acryl-Kreide-Serie "Von Zeit befreit" füllt Atelier, Wohnzimmer und Treppenhaus mit fließenden Formen. "Ich möchte zeitgebundene Eindrücke komprimiert in Bildern darstellen", erklärt der Maler. Zwei seiner Werke hat er für das Wochenende an Manfred Mangold ausgeliehen, wo sie neben schlanken Granitstelen und Relief-Objekten einen Platz gefunden haben.

Die Erläuterungen des Bildhauers lassen die reduzierten Formen lebendig werden, man entdeckt dahinter etwa eine Persiflage auf den Karneval oder Kritik an der Geiz-ist-Geil-Mentalität als Stele aus gemeißelten Geldscheinen. "Wenn Kunst nicht kritisch ist, ist sie nur Dekoration", stellt Mangold klar.

In Lobberich finden sich die meisten "Kunst-Szene"-Banner, die auf ein offenes Atelier hinweisen. Im Loewinkel, wo Barbara Rütten und Karl Siewert Gemälde und Plastiken ausstellen, klingelt es ohne Unterlass an der Tür. Bekannte, Verwandte und Fremde geben sich die Klinke in die Hand und entdecken überall im Haus Kunstwerke. In Karl Siewerts plastischen Bildern findet sich immer irgendwo eine klare T-Form, während sich die Malerei von Barbara Rütten mit ab-strakten Variationen zum Thema Mensch beschäftigt. Die dadurch entstehenden Kontraste empfinden beide als bereichernd: "Wir profitieren sehr voneinander."

Zum ersten Mal bei der Kunstszene dabei ist Irmi Müller-Moortz. Rund 50 Leute, schätzt sie, kamen allein am Samstag vorbei und betrachteten ihre Gemälde aus dem letzten Jahrzehnt, die von Portraits vor dem Hintergrund des Kosovo-Kriegs bis zu abstrakten Collagen reichen.

Ursula Streichs Bilder sind dagegen zum größten Teil erst vier Wochen alt: "Ich habe mich in Frankreich von der Chartreuse inspirieren lassen", erklärt sie ihre Landschaften. Sogar ein Engländer sei im Laufe des Tages da gewesen und habe sich durchs "Atelier am See" führen lassen, berichtet sie.

Rätselraten ist dafür bei Marianna Kalkhof angesagt: Warum ihre Serie "egammoh" eine Hommage (übrigens an Miró) darstellt, erschließt sich nur wenigen, sagt die Malerin und Graphikerin. Doch auch wer den Titel nicht versteht, begeistert sich für die überwiegend in Grautönen gehaltenen organischen Formen, die entlang des ausgeschilderten Rundgangs durch Haus und Garten ausgestellt sind.

Ebenfalls im Garten hat Marile Heinen ihre Keramik-Skulpturen ausgestellt. Die Kaldenkirchenerin ist erstmals bei der Kunstszene dabei und hat nur positive Reaktionen erhalten. "Selbst Manfred Mangold dachte, es handelt sich um Stein anstatt um Ton", berichtet Heinen, die sich von natürlichen Strukturen wie Felsoberflächen inspirieren lässt.

Bereits von außen einen beeindruckenden Eindruck macht das Schaager Atelier von Sebastian Klos, das extra zur Präsentation seines Projekts "Phonfarben" angestrahlt wird. Im Innern laufen auf einem Bildschirm verfremdete Naturfotografien und eigene Bilder, mit elektronischer Musik unterlegt von Ralf Weber. Zu bestimmten Zeiten spielt er auch live dazu Keyboard. "Wir wollen ein Paralleluniversum schaffen", erklären die beiden - und das ist nicht nur ihnen, sondern allen Künstlern in ihren Ateliers gelungen.