Engel geraten in Ekstase
Die Aufführung von „Sister Soul“ mit dem Star Love Newkirk reißt die Zuschauer in der Jaeger-Halle von den Sitzen.
<strong>Lobberich. Bezaubernd, einfach bezaubernd: Sie sieht verdammt gut aus, hat Charme und Witz und vor allem singt sie hinreißend. Vom ersten Moment an fasziniert Love Newkirk am Sonntag in der vollen Werner-Jaeger-Halle die Zuschauer. Die sind schier aus dem Häuschen, das Musical "Sister Soul" reißt sie alle von den Sitzen. Jubel und Beifallsstürme für die Aufführung des Altonaer Theaters, das trotz kleiner Schwächen einen großartigen Abend beschert - mit wenig Handlung, viel Gospel-Musik und verdienten Zugaben.
Zäh fängt’s an, zauberhaft hört’s auf. Etwas ausgewalzt zunächst die Story: Showgirl Josephine alias Love Newkirk wird im Hamburger Nachtclub Zeugin eines Mordes, flieht vor dem zwielichtigen Kommissar ins Kloster des Zions-Krankenhauses, mischt als Schwester Cäcilia getarnt das Nonnenstift und seinen Chor auf.
Erst nach einem Viertel des Zweieinhalb-Stunden-Stücks der erste richtig schöne Song: In der Einsamkeit der Klosterzelle schmachtet Josephine "Sometimes I feel like a motherless child" so verstörend schaurig-traurig, dass die Zuhörer glatt das Klatschen vergessen. Vielleicht irritiert sie das überflüssige schmalzige Hintergrund-Gejaule vom Band. Gott sei Dank betastet ansonsten Musical-Autor Mathias Christian Kosel höchstselbst das Piano - und das hervorragend.
Knackpunkt des Musicals ist die Chorprobe im Kloster: Neu-Schwester Cäcilia entlockt den lahmen Damen - und damit dem Stück - gewaltige Gesangskünste und heiße Hüftschwünge. Cäcilia-Josephine wirkt manchmal zu klamaukhaft, dafür spielen ihre Kolleginnen die Nonnen überzeugend, mal zahm, mal zickig, aber mit Feingefühl, ohne Ordensleute zu veralbern.
Schließlich die Musik - Herz des Musicals und Paradedisziplin des Ensembles. Allesamt super Solisten, machen sie aus ohnehin groovigen Gospels herzergreifende Hymnen und ohrenbetäubende Orgien: Halleluja, aber hallo! Standards wie "When the saints..- geschenkt. Doch die Balladen "Bleib bei mir" ("Stand by me") und "Bridge over troubled water" spritzig wie ein Spiritual aufzupeppen - Kompliment.
Und bei dieser Version von Händels "Halleluja" aus dem Oratorium "Messias" dürften selbst Engel in Ekstase geraten. Da lebt das zunächst zögerliche und stur stoische Publikum auf: Die Leute stehen, klatschen, swingen. Und sie schnipsen sogar den Rhythmus mit den Fingern, so unwiderstehlich süß und souverän haucht Love Newkirk: "Schnips mit mir, come on!" Einfach bezaubernd.