Kempen: Menschen - Eine Frau – zwei Schulen
Eine Pädagogin als Managerin: Marianne Lechtenböhmer leitet gleich zwei Kempener Grundschulen. Privates muss schon mal zurückstehen.
Kempen. Marianne Lechtenböhmer ist froh, wenn dieses Schuljahr hinter ihr liegt. Die 57-Jährige leitet seit zwei Jahren sowohl die Astrid-Lindgren- als auch die Schmalbroicher Schule - ein Modell, das es nicht allzu häufig gibt.
Marianne Lechtenböhmer ist seit 2001 Leiterin der Grundschule in Schmalbroich. Als sich herausstellte, dass diese Dorfschule wegen zu geringer Schülerzahlen sowie zu hoher Kosten nicht überlebensfähig ist und an der Lindgren-Schule der damalige Leiter Willi Müllers in den Ruhestand ging, kam für die erfahrene Pädagogin die Gretchenfrage. "Ich leite für die Übergangszeit beide Schulen", signalisierte die gebürtige Münsteranerin dem Schulamt. Zuschlag.
Das war im Sommer 2005. Seitdem sitzt Marianne Lechtenböhmer viel im Auto. Obwohl es zwischen ihren beiden Schulen "nur" knapp vier Kilometer sind, pendelt sie immer noch fast täglich hin und her: Die Post bearbeiten, Tagespläne entwerfen, nach dem Rechten sehen. "Der Arbeitstag muss schon straff durchorganisiert werden. Ab 7.15 Uhr ist Abarbeiten angesagt."
Wenn dann noch etwas schief läuft, kommt Hektik auf. Spontan fällt ihr ein Fall ein, als sie frühmorgens einen Anruf bekam: Eine Lehrer-Kollegin an Astrid-Lindgren musste ins Krankenhaus, die Kinder mussten beaufsichtigt werden; gleichzeitig wartete an jenem Mittwoch die Sekretärin in Schmalbroich mit einem vollen Zettel und einem Karton voll mit Post zum Bearbeiten. "Da muss man schon schnell organisieren können", seufzt Marianne Lechtenböhmer, die seit 37 Jahren Lehrerin ist, davon 24 Jahre an einer Krefelder Hauptschule.
Dennoch hat sie sich ihr sonniges Gemüt bewahrt und sieht viele Unwägbarkeiten mit Humor: "Wenn mein Auto in Reparatur ist, brauche ich halt einen Leihwagen." Und legt trotz des hohen Stressfaktors Wert darauf, weiterhin selbst zu unterrichten, vorzugsweise ihre Studienfächer Englisch, Mathe und Deutsch. Sechs Unterrichtsstunden in der Woche steht sie noch vor einer Klasse. "Mir ist die Nähe zu Schülern wichtig. Und ich kann mich so besser in meine Kollegen hineinversetzen."
Überhaupt, die Kollegen. "Alle ziehen aufgrund der personell engen Situation toll mit", kann sich Marianne Lechtenböhmer auf ihre "Mannschaft" hüben wie drüben verlassen. "Die kommen notfalls mit dem Kopf unterm Arm zur Schule." Und Besserung ist in Sicht: "An der Astrid-Lindgren-Schule ist ja eine Konrektorin benannt worden. Dafür bin ich dankbar."
Es gibt einen Aspekt, da bedauert Marianne Lechtenböhmer sogar das Ende ihrer Doppelrolle: "Die Eltern haben vehement für den Erhalt der Ziegelheider Schule gekämpft." Bei diesen Worten spürt man, wie ihr diese kleine Dorfschule im ländlichen Idyll ans Herz gewachsen ist. Dieses Buch sei nun aber leider zugeklappt - mit dem Umzug der letzten Schmalbroicher Klasse im kommenden Sommer gehen definitiv die Lichter aus am Görtschesweg 5.
Astrid-Lindgren-Schule: Die katholischeGrundschule an der Straelener Straße 2 bildet zusammen mit derbenachbarten Gemeinschafts-Grundschule Friedrich-Fröbel das KempenerGrundschul-Zentrum Nord. Lindgren besuchen zurzeit rund 200 Schüler. Ander zweizügigen Schule unterrichten zehn Lehrer.
Schmalbroicher Schule: Die ländlich gelegene Grundschule amGoertschesweg 5 in Ziegelheide wurde vor 43 Jahren gegründet. Wenn zumEnde dieses Schuljahres die verbleibende Klasse zur Lindgren-Schulewechselt, gibt es in Kempen keine Dorfschule mehr. Momentan gibt es inSchmalbroich 37 Schüler, die von zwei Lehrern unterrichtet werden.
Weitere Grundschulen: Neben Lindgren/Fröbel und Schmalbroichgibt es in Kempen das Grundschul-Zentrum Süd mit Eichendorff-Schule undSchule Wiesenstraße. Außerdem haben St. Hubert und Tönisberg eigeneGrundschulen.