Opfer sagt vor Gericht gegen Peiniger aus

Versäumnisse bei Bewährungsauflagen: Trotz Verstoß musste Angeklagter nicht in Haft.

Krefeld/Kaldenkirchen. Immer noch stark bewegt wirkte Katrin B. (Namen geändert) gestern in Saal 157 des Landgerichts Krefeld. Am zweiten Verhandlungstag musste sie gegen den Mann aussagen, der sie am Morgen des 1. September 2007 auf dem Weg nach Leuth überfallen und vergewaltigt haben soll. Die junge Frau vermied dabei ihren Peiniger anzusehen. "Ich denke jeden Tag daran, besonders jetzt durch die Verhandlung", schilderte sie zögerlich. Sie leide unter Angstzuständen. An das Verbrechen habe sie kaum Erinnerungen. Die Aussagen darüber fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Der Angeklagte Marc K. nahm die Aussagen mit gesenktem Kopf zur Kenntnis. In einem Brief, der vom Gericht verlesen wurde, nachdem Katrin B. den Saal verlassen hatte, wollte er sich für die Tat entschuldigen. "Ich wünsche mir, dass Sie diesen Tag schnell vergessen können."

Der psychiatrische Gutachter und die Jugendgerichtshilfe sprachen sich für eine Jugendstrafe aus. "Da er noch jung ist, ist er erzieherisch erreichbar", urteilte der Gutachter. Der Vertreter der Jugendgerichtshilfe meldete Zweifel an und nannte als Grund, die fehlende Motivation, die der Angeklagten bei einem anderen Prozess gezeigt hatte.

In diesem Zusammenhang wurden Versäumnisse bei Bewährungsauflagen deutlich. Im Juli 2006 war Marc K. wegen Diebstählen und Einbrüchen zu einer Bewährungsstrafe von anderthalb Jahren verurteilt worden. Innerhalb dieser Zeit wurde er wegen eines Drogendeliktes auffällig. "Sechs Monate vor dieser Tat", so die Jugendgerichtshilfe, "hätte er in Haft genommen werden müssen."

Erstmal sprach der Angeklagte selbst. Er relativierte die Aussagen über die Gewalttätigkeit seines Vaters, im Vergleich zu dem, was die Vernehmungsbeamten ausgesagt hatten. "Er hat mich nicht gequält", so K., sondern eher ab und zu hart angefasst, als Reaktion auf Verfehlungen des Sohnes. Auch seine Mutter machte deutlich: "Das mit den Schlägen vom Vater stimmt nicht." Die Beweisaufnahme ist nun abgeschlossen. Am 21. Februar soll das Urteil verkündet werden.