Büderich: Bürgerkrieg ist immer noch Thema

Partnerschaft: Drei Abiturientinnen der Gesamtschule haben für 16 Tage Ruanda besucht.

Büderich. Ruanda ist ein Reise wert. Das können Katharina Nelles, Paulina Keßler und Katharina Winkler nur unterstreichen. Die drei Ex-Schülerinnen der Maria-Montessori-Gesamtschule in Büderich waren - mit dem Abitur in der Tasche - zusammen mit acht Jugendlichen des Theodor-Fliedner-Gymnasiums in Düsseldorf-Kaiserswerth für 16 Tage in Shyogwe.

Zu der Stadt pflegen beide Schulen seit Jahren eine lebendige Partnerschaft. Initiiert - und zum Teil auch finanziert - hat die Reise der Evangelische Kirchenkreis Düsseldorf.

"Angedacht war das bereits im vergangenen Jahr, da scheiterte es aber noch am Geld", erklärt Lehrerin Cordula Kühnel, die mit einem Pädagogen aus Düsseldorf und zwei Kirchen-Vertretern die Gruppe begleitete. Immerhin rund 1000 Euro würde allein der Flug von Brüssel aus kosten. Doch die Investition hat sich gelohnt, bestätigen die drei jungen Frauen.

"Sofort wieder" würde Paulina Kessler sich in den Flieger nach Afrika setzen, und auch Katharina Nelles ist einfach nur begeistert von Land und Leuten: "Eine neue Kultur kennen zu lernen, andere Lebensumstände, die vielen interessanten Gespräche, das alles hat mich doch nachhaltig beeindruckt."

Ein wenig Überzeugungsarbeit habe man im Vorfeld schon in der Schule leisten müssen. "Der Bürgerkrieg war vor 14 Jahren, doch das ist noch nicht so in den Köpfen drin. Dabei hat sich inzwischen so viel in dem Land getan. Heute nach Kenia zu reisen, wäre wohl gefährlicher", spekuliert Kühnel.

Auch der Bildungsstand sei keineswegs vorsintflutlich. "Das geografische und historische Grundwissen ist durchaus vorhanden", hat Katharina Nelles erfahren. Und die Neugier der Gleichaltrigen, Wissenslücken zu schließen, sei groß. Dabei habe sich die 20-Jährige auch manch lustige Frage anhören müssen:

"Wo wir denn unsere Kühe untergebracht hätten - wegen der Milch? Oder wann wir unseren Winterschlaf beginnen würden, denn zu dieser Jahreszeit sei es doch in Deutschland so kalt?" Auf der anderen Seite wunderte sich Paulina Keßler über den hohen Standard in Fächern wie Mathematik, Physik oder Chemie: "Die waren mir meilenweit überlegen", räumt die 21-Jährige ein.

Verstanden habe man sich mit allen jedenfalls prächtig, und die Hände in den Schoß legen, war auch nicht angesagt. Die drei jungen Frauen und die Lehrerin halfen etwa beim Hausbau mit und lernten dabei sowohl Arbeitsweise wie -moral kennen: "Ziegel werden durch Lehm ersetzt, der vorher mit den Füßen angerührt wird. Das Verputzen geschieht mit einer An-die-Wand-Schmeiß-Technik, nach 90 Minuten wird abgebrochen - zu heiß", rekapituliert Kühnel das Erlebte amüsiert.

In der Erinnerung haften geblieben sei nicht zuletzt der Besuch eines Bergdorfes. "Die Leute dort wurden wesentlich älter als in der Stadt. Sie lebten bescheiden, doch es ging ihnen nicht schlecht. Und dennoch ist die Landflucht groß", hat sich Katharina Nelles schlau gemacht. "Überhaupt: Die Anzahl der Kinder ist schockierend hoch, bis 2017 soll sich die Bevölkerungszahl in Ruanda verdoppelt haben."

Untergebracht waren die Deutschen im Gästehaus von Bischof Jered Kalimba, der auch schon in Büderich zu Besuch war. "Die Ausstattung war nicht schlecht, Abstriche mussten wir natürlich in Kauf nehmen", erzählt Paulina Keßler: Das Wasser für die Toilettenspülung sei schnell aufgebraucht gewesen, also habe man Duschwasser benutzen müssen. "Die Haare haben wir uns später dann draußen mit Wasser aus Flaschen gewaschen."

Dass auch in Meerbusch geleistete Spenden vernünftig verwendet werden, davon konnte sich Cordula Kühnel ein Bild machen: "Innerhalb von nur einem Jahr hat sich in der neuen Veranstaltungshalle enorm viel getan. Es gibt einen Betonboden, Tribünen, Regenrinnen und eine Mauer drumherum - das hätte ich nicht erwartet."

Doch trotz aller positiven Entwicklungen, sei der Bürgerkrieg bei dem 1994 innerhalb von nur 100 Tagen zwischen 800 000 und 1 Millionen Menschen umgebracht wurden, unterschwellig noch immer ein Thema. Hutu und Tutsi würden sich nach wie vor mit Vorbehalten begegnen, überall erinnerten Gedenkstätten an die Gräueltaten, hat die Büdericher Lehrerin beobachtet.

Damit zusammen hängt wohl auch das Interesse an einem Mann, der in Deutschland seine mörderischen Spuren hinterlassen hat. Paulina Keßler: "In Ruanda hat man uns immer wieder nach Hitler gefragt."