Dormagen: Eine Trutzburg für heimische Wildtiere

Werner Döhring ist ein Vogelflüsterer. Er kennt sich aus mit den Nöten von Sperber & Co.

Dormagen. Es geht dem Sperber wieder gut. Vor zwei Wochen war er zu Werner Döhring gebracht worden. Die Kehle des zierlichen Greifvogels war eine offene Wunde.

"Vermutlich hatte er kleine Knochen seiner Beute im Kropf und ist dann gegen ein Fenster geflogen, so dass die spitzen Knochenstücke sich von innen durch die Haut bohrten", erzählt Döhring die tragische Geschichte des jungen Sperbers.

Die Tierarztbehandlung hat gut angeschlagen, und bald soll der Vogel auf einem geeigneten Gegelände in Nievenheim, einer alten Deponie, wieder ausgewildert werden.

Der Sperber ist nicht das einzige Tier, das derzeit bei Werner Döhring in Pflege ist. Döhring hatte allein im vergangenen Jahr 700 Wildtiere zur Pflege. Der 66-Jährige gründete vor 20 Jahren den Verein "Wildtierpflege- und Schutz Rhein-Kreis Neuss".

Mit der Pflege von Wildtieren beschäftigt er sich allerdings schon wesentlich länger. Seit 35 Jahren sind sie sein Hobby und wesentlicher Lebensinhalt. Döhring gilt als Koryphäe auf dem Gebiet, seine Beobachtungen und Methoden stoßen auf Anerkennung und werden auch an Universitäten geschätzt.

Überall in seiner Wohnung stehen Volièren, Terrarien und Aquarien, Käfige und Transportboxen. In seinem Garten hat er sich eine kleine Anlage gebaut, in der von der Ente bis zu Fledermaus jedem Tier intensive Pflege gewährt werden kann.

"Wenn irgendwo im Kreis ein krankes oder verletztes Wildtier gefunden wird, wird es in der Regel immer zu mir gebracht", sagt Döring. Lediglich Jagdwild, also beispielsweise Rehe oder Wildschweine, werden nicht von ihm versorgt, sondern von Jagdpächtern.

Die Artenvielfalt seiner Pflegetiere ist relativ groß und reicht von B wie Bergfink bis Z wie Zwergfledermaus. Allerdings sinkt die Zahl der gefundenen Tiere seit Jahren stetig, wie Döhring anhand seiner Statistik erkennt. Die Fauna leidet, die Tiere und ihre Artenvielfalt verschwinden. Am deutlichsten sichtbar wird das für den Laien, wenn er sich in Erinnerung ruft, wie viele Schwalben oder Spatzen vor 15, 20 Jahren zu sehen waren und wie viele es heute sind.

Den Grund sieht Döhring in der Gier des Menschen: "Heute wird der Natur alles bis aufs letzte Korn genommen, sogar das Heu wird eingeschweißt, so dass darin lebende Tiere sterben müssen." Aber auch die direkten Angriffe auf wildlebende Tiere nehmen zu. So sind in der vergangenen Zeit vermehrt Greifvögel gefunden worden, denen mit Schlagfallen die Beine abgetrennt oder zertrümmert wurden.

Auch Vergiftungen treten so gehäuft auf, dass die obere Landschaftsbehörde bereits alarmiert ist. Vermutet werden auch von amtlicher Seite hinter den Fallenaufstellern Taubenzüchter und Jäger, die in den Greifvögeln eine Konkurrenz sehen.