Dormagen: Tüftler will Kinderhelme sicherer machen
Für einen Helmriemen, der sich im Ernstfall öffnen lässt, wurde Christian Dietsch auf der Erfindermesse in Genf ausgezeichnet.
Dormagen. Christian Dietsch macht sich Gedanken. Etwa darüber, ob ein Riesenrad auf einer Kirmes nicht als besonders große Werbefläche genutzt werden kann. Und welche technischen Voraussetzungen dazu notwendig sind, damit sich nur der äußere Kranz mit den Gondeln dreht, nicht aber der innere Kreis.
Doch der 31-Jährige denkt auch darüber nach, wie sich Leben retten lässt. Und hat dabei eine Erfindung ersonnen, für die er auf der weltweit wichtigsten Erfindermesse in Genf mit der Bronzemedaille ausgezeichnet worden ist. Er hat einen Kinnriemen für Helme entwickelt, die zwar während eines Unfalls geschlossen bleiben, sich danach aber problemlos wie von selbst öffnen, so dass von dem Riemen kein Risiko einer Strangulation mehr ausgeht. "Ich habe vor einigen Jahren über Fälle gelesen, bei denen Kinder begeistert auf Spielplätze gelaufen sind und dabei ihre Fahrradhelme aufgelassen haben. Dabei haben sich die Helme in den Spielgeräten verkantet und die Riemen haben die Kinder stranguliert."
Scheinbar unlösbare Probleme wie diese reizen den Tüftler, der nach seinem Abitur 1996 am Norbert-Gymnasium zunächst Wirtschaftsingenieurswesen in Darmstadt studiert hat - aber das Studium schon kurze Zeit später wieder an den Nagel hing, weil er sich mit einer Unternehmensidee selbstständig gemacht hatte. "Die Erfinder-Formel ist ganz einfach", erklärt Dietsch. "Am Anfang steht immer ein Problem." Und so überlegt Dietsch permanent, welche Probleme in seinem Umfeld durch welche Änderung behoben werden könnten. Dabei geht er mit offenen Augen durch die Welt. An einem Tag hat er sogar sechs Erfindungen gemacht. "Manchmal ist dazu gar nicht viel nötig", bleibt er bescheiden.
Im konkreten Fall dachte der 31-Jährige darüber nach, wie sich die Riemen während oder nach hoher Belastung lösen lassen - und dennoch während des Unfalls nicht von alleine aufspringen. "Das Hauptproblem ist, dass dabei eine Vielzahl von Normen eingehalten werden müssen", erklärt er. Eine davon besagt, dass der Verschluss nach einer 120 Sekunden andauernden Belastung mit einer Hand zu öffnen sein muss. "Also habe ich darüber nachgedacht, wie lange so ein Unfall dauert." Das Ergebnis: Der Kinnriemen darf sich nicht innerhalb von drei Sekunden öffnen lassen, muss jedoch zeitversetzt aufspringen, und das innerhalb von zwei bis maximal drei Minuten. Denn so lange dauert es, bis ein Erstickungstod eintritt, der zuvor noch rettende Kinnriemen zu einer tödlichen Falle wird. Ein Unfall hingegen dauert etwa drei Sekunden. Die mechanische Lösung, die Dietsch austüftelte: ein ölgefüllter Hydraulikkolben. Denkbar wäre auch eine kleine Zeitschaltuhr, die das Schloss nach einer festgelegten Zeitspanne löst.
Die Kinnriemen von Christian Dietsch funktionieren - und wurden auch bereits auf der Nürnberger Erfindermesse mit Edelmetall bedacht.
Nun hofft der 31-jährige , dass die Gespräche mit einem Patentfonds, die er bereits in der Schweiz begonnen hat, erfolgreich sein werden. "Die Unternehmen wollen meist nichts mehr weiterentwickeln", sagt er. "Am liebsten ist es den großen Herstellern, wenn die Serienreife bereits erreicht ist und alle Tests schon abgeschlossen sind." Doch bevor eine neue Erfindung in die Massenproduktion gehe, müssten zunächst viele gesetzliche Vorgaben erfüllt sein. Ein weiter Weg.
Doch Christian Dietsch hat die richtigen Verbindungen bereits geknüpft. Und denkt unterdessen weiter über das Riesenrad nach.