Stadt Neuss lehnt Förderung ab Glasfaser – aber nicht um jeden Preis?
<irwordspace style="word-spacing -0075em;"><irglyphscale style="font-stretch 97%;">Neuss</irglyphscale></irwordspace> · Die Bundesregierung will das schnelle Internet bis 2030 flächendeckend ausbauen – auch in Neuss, wo über das gesamte Stadtgebiet „graue Flecken“ verteilt sind. Doch die Stadt hegt Zweifel an dem Förderprogramm.
Bis 2030 soll Deutschland flächendeckend mit Glasfaser ausgestattet werden: Das ist das Ziel der Bundesregierung. Um in fünf Jahren in jedem Haus einen Glasfaseranschluss vorzufinden, hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr einen neuen Förderaufruf gestartet. Denn neben dem privatwirtschaftlichen Breitbandausbau durch die Telekommunikationsunternehmen sollen die Fördermittel nun vor allem in die Kommunen mit dem größten Nachholbedarf gelenkt werden – unter anderem in den Rhein-Kreis Neuss. Dieser hat nun das Tiefbaumanagement über das neue Programm „Gigabitförderung 2.0“ von Bund und Ländern informiert. Die Verwaltung der Stadt Neuss zeigte sich in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses jedoch wenig überzeugt davon.
Doch von Anfang an: Im Rahmen der Förderung sollen die letzten sogenannten „grauen Flecken“ ins Visier genommen werden. Dabei handelt es sich um Gebiete, die mit einer Internetverbindung von weniger als 100 Megabit pro Sekunde im Download versorgt sind. Doch nicht immer rentiert sich für die privatwirtschaftlichen Unternehmen ein Ausbau des Gigabitnetzes in diesen Regionen. Wo also in absehbarer Zeit keine Versorgung mit einem Datenvolumen von einem Gigabit geplant ist beziehungsweise möglich sein wird, will nun der Bund den Ausbau ermöglichen – „um gleichwertige Lebensverhältnisse in der gesamten Bundesrepublik zu schaffen“, wie es seitens des Ministeriums heißt.
Im Rahmen eines Markterkundungsverfahrens wurden diese „Flecken“ bereits durch den Rhein-Kreis erhoben und der Stadt Neuss zur Verfügung gestellt. In Neuss sind demnach insgesamt 1236 private Haushalte und 432 Unternehmen davon betroffen, die zusammen auf eine Zahl von 1688 Anschlüsse kommen. „Diese sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt, insbesondere in Rand- und Feldlagen sowie einzelnen konzentrierten Zonen in den Ortsteilen Holzheim und Grimlinghausen sowie den Gewerbegebieten im Barbaraviertel und in Weißenberg“, teilt die Verwaltung mit. Eine Überprüfung dieser Angaben sei der Stadt nicht möglich, wie Kämmerer Frank Gensler kritisierte.
Und auch die Kosten sind ihm ein Dorn im Auge. Denn pro Anschluss sind – laut Kalkulation des Rhein-Kreises – mit Kosten in Höhe von 13 500 bis 16 300 Euro zu rechnen, von denen die Stadt zwischen 2700 und 3250 Euro zu tragen hätte. Das Förderprogramm sieht nämlich vor, dass Bund und Land zusammen 80 Prozent der Ausbaukosten übernehmen und sich der Eigenanteil der Städte und Gemeinden somit auf 20 Prozent beläuft. Multipliziert man die erwarteten Kosten mit der Gesamtzahl der Anschlüsse, ergibt sich für Neuss eine Wirtschaftlichkeitslücke von 22,6 bis 27,1 Millionen Euro. Je nach Ergebnis der Ausschreibungen im Rahmen der Fördermaßnahme – welche durch den Rhein-Kreis erfolgen würde – müsste die Stadt einen Eigenanteil in Höhe von 4,5 bis 5,4 Millionen aufbringen. Der Kreis gibt jedoch zu bedenken, dass bestimmte Stadtteile auch ausgeschlossen werden können.
Und doch hält die Verwaltung die Höhe der Kosten, insbesondere mit Blick auf den Einzelanschluss, für „höchst unwirtschaftlich“, wie sie in einer Mitteilung betont. „Wie lange sollen die Menschen an diesen Adressen denn Netflix schauen, um diese 16 000 Euro irgendwann mal sinnvoll umzusetzen“, hinterfragt Gensler. Auf die Nachfrage aus der CDU, welche kabellosen Alternativen zum Gigabitnetz denkbar wären, konnte die Verwaltung keine Antwort geben. „Wie sich die Technik weiterentwickelt, wissen wir nicht“, betonte Gensler. Und auch, wie sich die Kostenentwicklung bis 2030 auf die Höhe des Eigenanteils auswirke, könnte die Verwaltung nicht abschätzen. Denn der Eigenanteil der Kommunen werde erst nach Abschluss des Projektes im gesamten Rehin-Kreis Neuss fällig – und das werde nicht vor 2030 der Fall sein. Die Verwaltung beabsichtigt daher, sich nicht an dem Förderprogramm zu beteiligen.