Kaarst: Drogen fürs Narrenvolk?
Rosenmontag flogen Tüten mit Samen der Trichterwinde durch Büttgen. Die Pflanze gilt als giftig und als halluzinogen.
Kaarst. Zu Tausenden wurde Rosenmontag Tüten von Samen der Trichterwinde unters Narrenvolk gebracht. Doch am Aschermittwoch sorgt ein Blick ins Internet für Katerstimmung. Wer sich informiert, was er da gefangen oder vom Straßenrand aufgesammelt hat, ist zunächst einmal erstaunt.
Die Pflanze taucht in der Online-Datenbank "DrogenWiki" auf, ist zudem als Giftplanze verzeichnet. In einer Online-Gartendatenbank steht: "Gefährliche Biodroge: Die giftige Prunkwinde und Trichterwinde hat vor allem sehr giftige Samen, durch die es zu schweren Vergiftungen kommen kann. Da der äußerst riskante, stark schwankende Wirkstoffgehalt in Pflanzen nicht allgemein bekannt ist, werden sie wegen LSD-Derivathaltiger Inhaltsstoffe sogar mitunter als Rauschmittel missbraucht."
Das Rauschmittel sei bereits von den Indianern Mexikos als Halluzinogen für Rituale genutzt worden.
Gestiftet hat die Samentütchen ein Kaarster Versandhandel für Gartenfreunde. Dort ist man erstaunt - sogar ahnungslos. "Wir legen das Saatgut auch Bestellungen bei. Die Pflanze braucht recht wenig Pflege und man hat schnell Freude daran", sagt Bernd Brodeßer von der Geschäftsführung.
Und was passiert, wenn Kleinkinder, Tüten aufreißen und die Samen verzehren? "Daran haben wir nicht gedacht. Normalerweise gelangen die Tüten ja in Erwachsenenhände.
Und Samen sind kein Nahrungsmittel. Im Garten wächst ja so manches, das giftig ist", erläutert Botaniker Rolf Pohlen vom Versandhandel. So kann auch der Verzehr von rohen Bohnen zu Brechreiz und Vergiftungserscheinungen führen. "Aber wie die Trichterwinde-Samen wirken, weiß keiner so genau", sagt Pohlen.
Wäre denn der Verzehr gefährlich? "Es gibt ältere Berichte über Vergiftungen, die LSD-ähnlich gewirkt haben. Dazu müssen 200 bis 300 Samen verzehrt werden", berichtet Toxikologe Dr. Wim Wätjen von der Universität Düsseldorf. Aber die Wirkung hänge von der Pflanzengattung ab, erläutert er. Einen Eintrag beim Bundesinstitut für Risikobewertung sei nicht zu finden.
Dr. Martin Ebbecke vom Giftinformationszentrum in Göttigen hingegen berichtet zunächst, dass die Trichterwinde früher als Drogenersatz verwendet wurde. Er sorgt aber für Klarheit. "Problematisch ist die Ipomoea Violacea, so der botanische Name, sie sorgt für die halluzinogene Wirkung und ist giftig."
Geworfen wurde jedoch nicht die violette Trichterwinde, sondern die purpurne, die Ipomoea Purpurea, die sei jedoch ungefährlich. Der auch vorhandene halluzinogene Wirkstoff sei nur sehr gering vorhanden.
Dennoch: Der Versandhandel will künftig genauer prüfen, welche Samen er für welche Zwecke zur Verfügung stellt.