Neuss: Erinnerung noch eine Lücke

Vor 70 Jahren kamen erste Zwangsarbeiter nach Neuss – eine Gedenktafel gibt es immer noch nicht.

Neuss. Mehr als 10.000 Männer, Frauen und Kinder mussten in Neuss während des Zweiten Weltkriegs als ausländische Kriegsgefangene in allen Wirtschaftsbereichen in der Stadt Zwangsarbeit leisten. Sie sollten die Lücken jener füllen, die aus der Landwirtschaft oder Industrie in den Krieg ziehen mussten. "Bis Ende 1940 ist in den meisten Neusser Unternehmen sowie in der Landwirtschaft mit dem Einsatz von Kriegsgefangenen und ausländischen Zivilarbeitern begonnen worden", schreiben Andrea Niewerth und Christof Roolf in ihrer Dokumentation "Zwangsarbeit in Neuss während des Zweiten Weltkriegs".

Das Buch bereicherte bereits vor vier Jahren das Stadtarchiv und räumte damals mit einer bis dato häufig geäußerten Meinung auf, dass Neuss nur "marginal" an der Kriegsproduktion im Land beteiligt war.

Eine historische Lücke war geschlossen - eine ethische dagegen existiert bis heute: Selbst etwa 70 Jahre nachdem die ersten Zwangsarbeiter nach Neuss kamen, gibt es keine Gedenktafel, die an das Schicksal der Menschen erinnert.

Die meisten von ihnen, so genannte Ostarbeiter, waren aus besetzten Gebieten verschleppt worden. Und viele von ihnen kamen nicht mehr nach Hause: Sie verloren bei Bombenangriffen ihr Leben, da sie nicht in die schützenden Bunker gelassen wurden.

Doch Verwaltung und Kommunalpolitik arbeiten an einer Lösung. Nils Kemmerling, Kunstförderpreisträger der Stadt Neuss 2006, wurde mit dem Entwurf einer Gedenktafel beauftragt.

Die zwei Meter hohe Stahlsäule soll am Kopf des Hafenbeckens I aufgestellt werden. Wann, das ist aber noch unklar. Die Grünen drängen nun zur Aufstellung. Vor drei Jahren bereits hätten sie den Antrag gestellt, an die Ereignisse mit Beginn vor sieben Jahrzehnten zu erinnern.