Neuss: Ermittlungen zu Aufsichtsrat-Lustreisen eingestellt
Alle 18 Reiseteilnehmer - Stadtverordnete und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat - wollen als Voraussetzung dafür Geldauflagen zahlen.
Neuss. Sie fuhren nach Basel und nach Belgien, nach Dresden, Essen und Barcelona. Was für den Stadtwerke-Aufsichtsrat als Information galt, sah die Staatsanwaltschaft eher als "Lustreise": Zumal Anteile der Fahrten von 2001 bis 2005 nicht allein von den Stadtwerken, sondern auch von Ruhrgas/Eon bezahlt wurden.
Seit Jahresbeginn 2006 ermittelte die Kölner Staatsanwaltschaft - nicht nur in Neuss. Die Staatsanwaltschaft hat nun ihre Ermittlungen eingestellt. Alle 18 Reiseteilnehmer - Stadtverordnete und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat - wollen als Voraussetzung dafür Geldauflagen zahlen.
Timo Seesko, Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft, bestätigt, sobald die Zahlungen eingegangen seien, werde eingestellt. Auch in anderen Städten habe man die Ermittlungen auf diesem Wege abgeschlossen.
Zahlen werden auch Stadtwerke-Geschäftsführungsvorsitzender Heinz Runde und Bürgermeister Herbert Napp. Runde, der alle fünf Reisen mitmachte und dabei die Teilnehmer nach eigenen Worten betreute, bestätigte, er habe gezahlt. Die Höhe der Summe mochte er nicht nennen.
Während sich Teilnehmer der Fahrten am Mittwoch nicht äußern wollten, bekundete Bürgermeister Herbert Napp, er sehe die Angelegenheit differenziert, So betrachte er die Fahrt nach Dresden nach wie vor als Betriebsausflug des neu gewählten Aufsichtsrates.
Anders der Barcelona-Trip: "Es wurde dort mehr Aufwand betrieben, als ich das erwartet hätte. Ich bin das wirklich fahrlässig angegangen." 3900 Euro pro Person habe die Fahrt in die attraktive Stadt pro Person gekostet, so Staatsanwalt Seesko. Napp selbst zahlt nach eigenen Angaben einen "niedrigen vierstelligen Betrag" zurück.
Man bewege sich in einer Grauzone: Das ist zumindest die Meinung des Bürgermeisters, der eine eindeutige Richtlinie aus dem Innenministerium vermisst. In Neuss jedenfalls käme man jetzt "über die Stadtgrenzen nicht mehr hinaus":
So verzichte etwa der Aufsichtsrat des Bauvereins auf eine Klausur in Bonn, er selbst habe sich etwa bei einer Einladung zum Cirque du Soleil im Hafen das Okay der Staatsanwaltschaft eingeholt.
Ablenkung ist das für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Reiner Breuer, der an keiner Fahrt teilgenommen hat - allerdings war auch in Barcelona ein SPD-Stadtverordneter dabei. Breuer erinnert an einen "Schiebebeschluss", den die Stadtverordneten bei Bekanntwerden der staatsanwaltlichen Aktivitäten fassten.
Demnach würde sich der Rat nach Abschluss der Ermittlungen wieder mit den Reisen befassen. "Der Bürgermeister sollte den Rat jetzt informieren. Und dann müssen wir alle das Ergebnis bewerten - und vielleicht noch einmal die Ehrenordnung für die Stadtverordneten ändern."