Osterath: Koala-Nase im Astloch erkannt

Wilhelm Hable wurde vor wenigen Tagen 85. In seinem Atelier in Osterath ist der Künstler umgeben von seinen Skulpturen.

Osterath. Dicke Damen, ein Zaunkönig, schnörkellose Madonnen aus Birnbaum- oder Ahornholz, Handschmeichler, glatt und seidig. Wilhelm Hable, Meerbuscher seit der Nachkriegszeit, juckt es auch noch mit 85 Jahren in den Fingern, aus seinem bevorzugten Naturmaterial nachzubilden, was ihn berührt. "Wenn es wieder wärmer wird, auch in der Werkstatt", schwärmt er voller Vorfreude.

Auch beim Studium in der Bildhauerklasse der Kunstakademie Düsseldorf profitierte er vom Einfühlungsvermögen. Professor Szèkessy begegnete dem bereits ausgebildeten Handwerker offen. "Eine schöne Zeit war das", erinnert Hable sich an die Jahre seiner Leitungstätigkeit in der Holzbildhauerei.

"Als junger Mensch verträgt man ja so allerlei", ist dagegen die fatalistische Bilanz seines Militärdienstes in der Infanterie und der anschließenden Kriegsgefangenschaft in Russland. In seinem Haus hängt ein kleines, gezeichnetes Selbstportrait, in jener Zeit mit Hilfe einer Spiegelscherbe angefertigt. Es ist nur eines der Kunstwerke, die ihm sehr am Herzen liegen.

Immer wieder war Wilhelm Hable froh, wenn besondere Stücke bei ihm blieben. Die komplette weihnachtliche Krippenszene auf einem Stück Rinderknochen beispielsweise, seine spürbar von ihm verehrten "Damen", ganz modern auch schon mal mit Temperafarben bemalt, liebevoll mit Rüschenrock oder Strumpfhaltern bekleidet.

Auch eine Vogelnachbildung aus Essigbaum, dessen Holz lebendig, fast bunt wirkt, oder eine Koalafamilie, herausgeschält aus einem verfaulten Nussbaum vor dem kleinen Atelier, bewahrt er als kunstvolle Schätze auf. Die schwarzen Koala-Nasen habe er in den Astlöchern erkannt, lange bevor sie entstanden.

Auch wenn das Holz manchmal nicht so wollte wie der Künstler, es ihm Kopfzerbrechen bereitete: Der Schlaf brachte dem Wahl-Osterather oft die Lösung. Beim Aufwachen war ihm klar, wie es mit dem Liebespaar aus Buchsbaum weitergeht oder aus der Astgabel der Linde doch noch eine anmutige Barrenturnerin wird.

"Das ist schon so was mit uns Bildhauern", scherzt Hable immer wieder, als er zwischen Schränken voller Feilen, Prägestempel, Meißel und vom Vater angefertigter Sägen wieder ein privates Meisterstück hervorzaubert. Zu guter Letzt hält er das Miniaturmodell des Nikolausbrunnens in Händen: eine ebenmäßige Schöpfung, fühlbar und schön.