Kempen: Front gegen Kirchturmdenken

GVG: Bürgermeister Karl Hensel will die zerstrittenen Kempener Pfarrgemeinden an den Runden Tisch bringen.

Kempen. Erstmals hat sich in der Frage eines künftigen Zuschnitts einer "Gemeinschaft von Gemeinden" (GvG) der Bürgermeister zu Wort gemeldet. "Ich glaube, dass wir in Kempen ein Stück Identität aufgeben würden, wenn es jetzt schon zu einer großen GvG mit Krefeld und Tönisvorst kommen würde", sagt Karl Hensel.

Hintergrund: Zwischen der Propsteipfarrgemeinde St. Marien auf der einen Seite und Christ-König und St. Josef sowie St. Hubert auf der anderen Seite war es zu Differenzen gekommen. Im Kern wird St. Marien und Propst Thomas Eicker vorgeworfen, die Kräfte dort bündeln zu wollen und zu wenig in St. Josef und Christ-König auszuhelfen. Deshalb hatten St. Josef und Christ-König eine große GvG über Kempen hinaus mit Krefeld-Nord und Tönisvorst ins Feld geführt.

Der Bürgermeister appelliert nun an die vier Kempener Gemeinden St. Marien, Christ-König, St. Josef und St. Hubert, gemeinsam einen Weg aus der Sackgasse zu finden. "Als praktizierender Christ kann ich auch das Angebot machen, diesen Prozess zu moderieren- mein Haus steht offen", betont Hensel.

Stichwort Christ: Das Teilen im brüderlichen Sinne sei nun nötiger denn je. Hensel verkenne dabei auch nicht die komplizierte Entwicklung von den ehedem von St. Marien abhängigen Vikarien über die Selbstständigkeit seit 1990 und die jetzige Befürchtung, dass man sich nach dem Weggang von Pfarrer Werner Rombach erneut von St. Marien vereinnahmt sehe. "Wichtig sind Gespräche auf gleicher Augenhöhe."

Der Bürgermeister vergleicht die Situation mit einer Herde, in der fremde Schafe und auch fremde Hirten für Unruhe sorgen würden, wenn es tatsächlich jetzt schon zu einer großen GvG kommen würde." Ich frage mich allen Ernstes, ob diese Rechnung aufgeht und man letztlich nicht bloße Zweckverbindungen eingeht." Der Vorstoß in Richtung "GvG mit neun Gemeinden" erscheine ihm "nicht bis zu Ende gedacht und vielleicht ein Stückweit aus dem Bauch".

Das katholische Kempen sollte das Angebot von Bürgermeister Hensel annehmen und sich an den Runden Tisch setzen. Denn was die vier Gemeinden trennt, sind bloß Detailfragen und gefühlte Differenzen. Es tun sich aber keinesfalls Gräben auf, wie von mancher Seite suggeriert wird. Die Vorbehalte aus dem Hagelkreuz und aus Kamperlings gegen ein Kempen-Bündnis haben auch noch viel mit Trauerarbeit um den beliebten Pfarrer Rombach zu tun, der Kempen im Sommer Richtung Erkelenz verließ. Dieses Rad lässt sich aber nicht mehr zurückdrehen, und die Gemeinden müssen sich den Tatsachen stellen. Es geht nicht mehr um Empfindlichkeiten, sondern um personelle Engpässe und eine vernünftige Versorgung der pfarrlichen Aufgaben ohne allzu starke Einschnitte. Vor diesem Hintergrund kann nur ein unbeteiligter Moderator- wie Bürgermeister Hensel- den Knoten durchhauen.